Auf der Webseite des dem US-Verteidigungsministeriums angeschlossenen UAP-Büros AARO finden sich eine Reihe interessanter Dokumente aus deren Arbeit. Sei es zu unidentifizierten oder aufgeklärten UFO-Sichtungen inkl. einiger Videos oder auch zur allgemeinen Information rund um das Thema. Unter "Education & Resources" wurde kürzlich ein neues Dokument eingestellt, das sich dem Thema der Beobachterperspektive und des Parallaxeneffekts widmet. Dieser Effekt kommt insbesondere bei Videoaufnahmen zum Tragen, bei denen sich die aufnehmende Kamera in Flugbewegung befindet und dem Objekt nachgeführt wird. In den meisten Fällen kann dies zu einem falschen Eindruck hinsichtlich der Geschwindigkeit des gefilmten Objekts führen. Bekannte Beispiele dafür sind die UAP-Videos der US Navy ("Go Fast") und das auf Puerto Rico (Aguadilla) aufgenommene und ebenso vieldiskutierte Video. Aber auch die Betrachterperspektive kann einen falschen Eindruck über Entfernung und Größe vermitteln.
Der Parallaxeneffekt ist an sich nicht neu und seit Langem bekannt, wird aber in Diskussionen oftmals auch nicht richtig erkannt oder unterschätzt, was zu falschen Interpretationen der Geschwindigkeit des aufgenommenen Objekts führt., da der Effekt auf den ersten Blick einen falschen Eindruck vermittelt. Im Kern entsteht der Effekt in der Regel dadurch, dass die Kamera an einer sich im Flug befindlichen Plattform befindet (Flugzeug, Hubschrauber, Drohne) und dabei auf das Objekt ausgerichtet bleibt. Durch die eigene Flugbewegung relativ zum Objekt, entsteht dann der falsche Eindruck.
Das hier zitierte Informationsdokument der AARO beschreibt diese Effekte. Es wird als PDF auf deren Seite bereit gestellt und wir haben es für Sie übersetzt.
Ein AARO-Informationspapier
Auswirkung von erzwungener Perspektive und Parallaxensicht auf UAP-Beobachtungen
Einleitung
Obwohl es keine einzige Erklärung oder Analysemethode für alle Fälle von unidentifizierten anomalen Phänomenen (UAP) gibt, die beim All-domain Anomaly Resolution Office (AARO) eingehen, können die Auswirkungen von erzwungener Perspektive und Parallaxe häufig übermäßig große Größen oder hohe Geschwindigkeiten erklären, die in UAP-Berichten beschrieben werden. In vielen Fällen befindet sich der Berichterstatter weit entfernt von dem beobachteten Objekt und bewegt sich relativ schnell zu ihm. Unter diesen Umständen kann ein Beobachter die scheinbare Größe und Geschwindigkeit eines UAP aufgrund der beiden getrennten, aber miteinander verbundenen Phänomene der erzwungenen Perspektive und der Parallaxe falsch interpretieren. Dieser Beitrag gibt einen grundlegenden Überblick über diese Phänomene und ihre Auswirkungen auf UAP-Beobachtungen.
Erzwungene Perspektive und Entfernungsabschätzung
Abbildung 1: Beispiel für eine erzwungene Perspektive. Die Person im Vordergrund ist viel näher an der Kamera als der Turm.
Die erzwungene Perspektive wird in der Fotografie und im Film eingesetzt, um den Eindruck zu erwecken, dass ein Objekt größer oder kleiner ist als es in Wirklichkeit ist. Ein klassisches Beispiel für diese Technik ist das Posieren für ein Foto, während man den Eiffelturm an der Spitze hält oder gegen den schiefen Turm von Pisa drückt, wie in Abbildung 1 dargestellt. Der schiefe Turm von Pisa ist ungefähr 190 Fuß hoch [etwa 58 m], und eine durchschnittliche Person ist zwischen fünf und sechs Fuß groß [etwa 1,50 bis 1,80 m]. In diesem Beispiel verzerrt die erzwungene Perspektive den Abstand zwischen dem Turm und der Person, so dass sowohl die Person größer als auch der Turm kleiner erscheinen, als sie tatsächlich sind.
Das obige Beispiel veranschaulicht die Auswirkungen der erzwungenen Perspektive. Die optische Täuschung ist in diesem Fall leicht zu erkennen, da die tatsächlichen Größen der beiden Objekte im Bild bekannt sind. Die Beurteilung der Größe unbekannter Objekte am Himmel ist jedoch schwieriger. Beobachter vergleichen unbekannte Objekte oft mit Wolken, Bäumen, Gebäuden oder anderen nicht standardisierten Referenzen, um Schätzungen vorzunehmen.
Schätzungen. Beobachter können daher die Entfernung zwischen einem Objekt und einer Referenz ungenau wahrnehmen, was zu einer ungenauen Schätzung der tatsächlichen Größe des Objekts führt. Ein Fehler bei der Schätzung der Größe oder Entfernung eines Objekts ist sogar noch wahrscheinlicher, wenn das Objekt, anders als der Turm von Pisa, keine erkennbaren Merkmale aufweist (z. B. Fenster, Propeller, Flügel).
Betrachten wir einen Fall, in dem es keine Referenzen gibt, mit denen ein unbekanntes Objekt verglichen werden kann. In einem solchen Fall muss der Beobachter die Entfernung des Objekts ohne jegliche Anhaltspunkte schätzen. Die genaue Schätzung der Größe und Entfernung eines Objekts ohne bekannte Referenz ist schwierig. Die erzwungene Perspektive kann dazu führen, dass große, weit entfernte Objekte kleiner und näher erscheinen als ihre tatsächliche Größe und Position - oder umgekehrt. Das Bild in Abbildung 2 veranschaulicht diesen Effekt. Eine 10 Fuß-Kugel [etwa 3 Meter] ohne Merkmale (z. B. Fenster, Linien, Oberflächendetails), die sich in einer unbekannten Entfernung von einem Beobachter befindet, kann je nach Bezugspunkt und Annahmen des Beobachters kleiner oder größer als ihre tatsächliche Größe erscheinen.
Abbildung 2: Die 10 Fuß-Kugel ganz rechts befindet sich in einer unbekannten Entfernung vom Beobachter. Wenn der Beobachter die Entfernung als kürzer einschätzt, schätzt er auch die Größe kleiner ein.
Parallaxe
Die Parallaxenansicht oder der Parallaxeneffekt ist ein Phänomen, das die tatsächliche Position eines Objekts verzerren kann, wenn es aus verschiedenen Winkeln vor einem Hintergrund betrachtet wird. Eine einfache Demonstration des Parallaxeneffekts besteht darin, einen Daumen in Armlänge zu halten und ein Auge zu schließen. Beachten Sie die Position Ihres Daumens im Verhältnis zu einem Objekt im Hintergrund. Schließen Sie nun, ohne den Daumen zu bewegen, das erste Auge und öffnen Sie das andere. Achten Sie wieder auf die Position des Daumens im Verhältnis zum Hintergrund. Obwohl sich Ihr Daumen nicht bewegt hat, scheint er seine Position aufgrund des Abstands zwischen Ihren Augen verändert zu haben. Wenn Sie den Daumen näher an Ihre Augen heranführen und den Vorgang wiederholen, entsteht der Eindruck, dass sich der Daumen weiter vom Hintergrund entfernt hat. Der Daumen scheint sich zu bewegen, weil jedes Auge eine andere Parallaxenansicht bietet.
Eine andere Möglichkeit, mehrere Parallaxenansichten eines stationären Objekts zu erleben, besteht darin, dass sich der Betrachter bewegt. Wenn sich der Betrachter bewegt, ändert sich die Parallaxenansicht. Diese Änderung der Perspektive kann dazu führen, dass ein stationäres Objekt in Bewegung zu sein scheint. Je schneller sich der Beobachter bewegt, desto dramatischer kann dieser Effekt sein. Auch elektronische Sensoren können für diese Effekte anfällig sein. Wenn sich ein elektronischer Sensor auf einer Plattform in der Luft relativ zu einem Objekt bewegt, kann er, anders als im Beispiel des Daumens, zu weit entfernt sein, um eine genaue Entfernung zu schätzen, was zu einer Fehlinterpretation der tatsächlichen Größe und Geschwindigkeit führt.
Betrachten Sie das in Abbildung 3 dargestellte Beispiel. Ein Beobachter in einer luftgestützten Plattform bewegt sich über der Erdoberfläche, durch deren Umgebung ein Fluss fließt. Ein stationäres Objekt ist direkt über dem Fluss aufgehängt. Während sich der Beobachter in der Luft von Position 1 über 2 zu 3 bewegt, sieht er das Objekt aus verschiedenen Winkeln. Durch Parallaxeneffekte wird das Objekt gegen drei verschiedene Punkte im Hintergrund "projiziert". Von Position 1 aus erscheint das Objekt gegen das rechte Flussufer projiziert, von Position 2 gegen den Fluss1 und von Position 3 gegen das linke Flussufer. Diese Projektionstäuschung erzeugt den Eindruck von Bewegung, da sich das Objekt über den Fluss in die entgegengesetzte Richtung des Beobachters zu bewegen scheint. Je schneller sich der Sensor in der Luft bewegt, desto höher ist die wahrgenommene Geschwindigkeit des Objekts. Aufgrund der Parallaxe können stationäre Objekte den Anschein erwecken, sich zu bewegen, und sich langsam bewegende Objekte können den Anschein erwecken, sich sehr schnell zu bewegen.
Abbildung 3: Die Parallaxe bewirkt, dass die Position eines Objekts an verschiedenen Punkten vor einem Hintergrund projiziert wird. Wenn sich der Beobachter bewegt, bewirken die Änderungen der Hintergrundprojektionen eine scheinbare Bewegung des Objekts.
Zusammenfassung
Nicht alle Berichte über sich schnell bewegende UAP sind auf die Effekte der erzwungenen Perspektive oder der Parallaxe zurückzuführen. Es ist jedoch bekannt, dass die Auswirkungen dieser Phänomene in einigen Fällen zu ungenauen Schätzungen der Größe, Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung eines UAPs führen. Diese Phänomene wirken sich folglich auf Daten aus, die von einem einzelnen Sensor stammen, der sich sehr schnell relativ zum Zielobjekt bewegt. Trotz dieser Anfälligkeit sind Berichte einzelner Beobachter bei AARO-Analysen von entscheidender Bedeutung. Diese Berichte können zusätzliche Sensordaten ergänzen, um ein ganzheitlicheres Bild von der Größe und Geschwindigkeit eines Objekts zu erhalten. Beobachter, die einen UAP-Bericht einreichen, sollten dennoch Reichweite, Größe und Geschwindigkeit als Teil einer vollständigen Beschreibung ihrer Beobachtung schätzen. Beobachter mit einem solideren Verständnis der erzwungenen Perspektive und Parallaxe sind besser in der Lage, die Merkmale eines UAP zu beurteilen und diese Details in ihren Berichten in einen größeren Zusammenhang zu stellen.
1 Der Parallaxenwinkel ist Null, wenn sich der Beobachter direkt über dem Objekt befindet. Dadurch kann der Beobachter die Position des Objekts vor dem Hintergrund genau wahrnehmen.