Besonders zuverlässige Augenzeugen?

Bei der Beurteilung einer UFO-Sichtung wird bzgl. der Zeugen primär über die Glauibwürdigkeit argumentiert, wobei das Problem bei Untersuchungen von UFO-Sichtungsberichten ist, dass wir in der Regel den Zeugen nicht näher kennen und eine individuelle Prüfung der Glaubwürdigkeit bzw. Glaubhaftigkeit der Aussage auch mangels Ressourcen nur bedingt durchführen können. Vorrangig stellt sich jedoch die Frage nach der Zuverlässigkeit der Zeugenaussage und den berichteten Details einer Beobachtung. Manche UFO-Forscher bzw. Ufologen sind hier der Ansicht, dass der Beruf ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung sei und schätzen die Zuverlässigkeit eines Menschen als Zeugen auch nach seinem Status ein. Demnach wären bspw. Hochschulausbildung und eine entsprechende berufliche Stellung ein Plus an Zuverlässigkeit, so bspw. auch bei Piloten. Das zeigt sich insbesondere bei Forschen, die sich auf Fallkataloge bestimmter Berufsgruppen konzentrieren und diese hervorheben. Allerdings beruhen solche Annahmen weitgehend auf Vermutungen. Erkenntnisse aus der forensischen Zeugen- und Aussagepsychologie zeigen dagegen die prinzipielle Unzuverlässigkeit von Zeugenaussagen, unabhängig von Beruf oder Qualifikation. Eine Nebenrolle spielt das bei Sichtungsberichten mit ausreichenden Indizien für eine herkömmliche Erklärung, im gegensatz bei ungeklärten Sichtungen infolge der geschilderten Details. Der britische UFO-Forscher Isaac Koi hat auf seiner Webseite dem Thema "Glaubwürdige Zeugen" ein eigenes Kapitel gewidmet, auf das wir uns hier auszugsweise und sinngemäß beziehen.

Der Mythos des besonders zuverlässigen Zeugen beschreibt Personen, die sich aufgrund ihres Berufs oder ihrer Ausbildung wahrscheinlich nicht irren, egal was sie berichten. In der Regel werden hier Wissenschaftler, Polizisten, Piloten, Astronomen oder Militärangehörige genannt, und es wird davon ausgegangen, dass ihre Berichte zuverlässiger sind als die anderer Berufsgruppen. Aus einer allgemeinen Sicht erscheint dies sogar verständlich und vor Gericht dürfte bei einer Zeugenaussage die berufliche Qualifikation bzw. Reputation sicherlich mit in die richterliche Beurteilung einfließen. Wir gehen im Allgemeinen davon aus, dass hochbezahlte Fachkräfte weniger dazu neigen, Unwahrheiten zu sagen als andere. Wir erwarten auch, dass Angehörige bestimmter Berufe aufgrund ihrer Ausbildung (z. B. in Bezug auf die Beobachtung oder das Erstellen von Notizen bei Polizisten, Kenntnis von Himmelsobjekten bei Astronomen) oder aufgrund von Qualifikationen, die für den Eintritt in diesen Beruf erforderlich sind (z. B. besondere Sehkraft), bessere Zeugen seien.Tatsächlich gibt es aber in der ufologischen Literatur einen bemerkenswerten Mangel an Studien und Diskussionen darüber, warum bestimmte Berufe oder Qualifikationen eine Person wahrscheinlich zu einem besseren UFO-Zeugen machen. Der amerikanische UFO-Forscher Allan Hendry hat dazu kritisiert, dass keine direkten Experimente von Ufologen durchgeführt wurden. An dieser Stelle möchten wir auf ein tatsächlich durchgeführtes, interessantes allgemeines Wahrnehmungsexperiment unter Federführung der GEP im Jahr 1988 hinweisen. Ansonsten ist der Grad der Zuverlässigkeit auch immer situativ zu bewerten, in welcher Situation befand sich der Zeuge zum Zeitpunkt der Beobachtung, befand er sich unter Stress, war er allein oder mit anderen Zeugen zusammen, die sich ggf. auch gegenseitig beeinflussen können, wie lange ist die Beobachtung her, da sich Erinnerungen fortlaufend verändern und sich das Gedächtnis aufgrund von veränderten Erfahrungen, Kenntnissen und zusätzlichen Informationen immer wieder rekonfoguriert, oder hat der Zeuge spezifische Überzeugungen oder Erfahrungen, die zu einer bestimmten Interpretation des Gesehenen führen und seine Wahrnehmung beeinflussen.

Der amerikanische Astronom und UFO-Forscher J. Allen Hynek hat im Rahmen seiner Beteiligung am Projekt Blue Book eine Auswertung zu Berufsgruppen bei Fehlinterpretationen erstellt. Zu seiner eigenen Überraschung lieferten Piloten die häufigsten Fehlinterpretationen. Am besten schnitten hier Techniker bzw. Ingenieure ab. In einer weiteren, von Hendry erstellten, Auswertung lieferten Polizisten (bzw. Mitarbeiter von Strafverfolgungsbehörden) die meisten Fehlinterpretationen. Piloten schnitten hier am besten ab, allerdings mit einer noch relativ hohen Fehlerquote von 75%, was nach Hendry auch kein Aushängeschild sei. Hynek stellt dazu fest, dass man berufliche Qualifikationen und Fähigkeiten nicht auf ein anderes Gebiet übertragen könne. Das bedeutet aber nicht, dass bspw. Piloten schlechte Beobachter sind, aber Menschen aller Berufsguppen sind anfällig für Fehlwahrnehmung und -interpretation, wenn sie mit etwas konfrontiert werden, das sie nicht kennen und mit dem sie nicht vertraut sind.
Der britische Untersucher Gary Anthony verweist auf einen Artikel mit dem Titel "Visuell-räumliche Fähigkeiten von Piloten", das sich auf gemeinsame Experimente von Piloten der US-Luftwaffe und Kontrollpersonen bezieht und wonach Piloten überwiegend nicht besser abschnitten als Nicht-Piloten. ("Visual-Spatial Abilities Of Pilots" aus dem Journal of Applied Psychology, 1993, Vol 78, Nr. 5, (S. 763-773)). In einem Artikel von Dr. Robert Buckhout, Direktor des "Center for Responsive Psychology" am Brooklyn College der City University in New York, heißt es: "Untersuchungen, die ich mit Flugbesatzungen der Luftwaffe durchgeführt habe, bestätigen, dass auch hochqualifizierte Personen unter Stress zu schlechteren Beobachtern werden." (Robert Buckout, "Eyewitness Testimony", Scientific American, Dezember 1974, S. 23.). Ein prinzipielles Problem dürfte auch sein, relevante visuelle Merkmale von einem Flugzeug aus zu beurteilen, aufgrund der Verringerung der visuellen Referenzen in der Luft (z. B. auf andere Objekte in der Nähe, mit denen Vergleiche durchgeführt werden können). Fälle aus der Vergangenheit zeigen zudem, dass es seitens Piloten bereits zu Mißverständnissen und Fehlinterpretationen bei der Beobachtung herkömmlicher Erscheinungen kam, wie bspw. mit Venus, Meteore oder auch Polarlichtern.

Die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen auch die Schwierigkeit, die Zuverlässigkeit an Berufsgruppen festmachen zu wollen. Wenngleich die genannten Auswertungen auch der Kritik unterliegen und diskutiert werden, halten wir die Grundaussage daraus als gültig. Die nachfolgend dargestellten Auswertungen erschienen in Hyneks UFO Report und Hendrys UFO Handbook.

Abschließend möchte wir dazu Isaac Koi aus seinen Ausführungen zitieren:

"Die spärliche Erhebung und Berücksichtigung relevanter objektiver Daten erschwert es (...), eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen. Zusammenfassend scheint mir, dass die berufliche Tätigkeit der Zeugen von den meisten Ufologen als Kriterium für die Auswahl der besten UFO-Fälle erheblich überbewertet wird. Die Beweise belegen nicht überzeugend, dass beispielsweise Piloten oder Polizisten weniger IFOs melden als andere Zeugen. Wenn man jedoch überlegt, ob die Mitglieder bestimmter Berufe im Allgemeinen 'bessere' Beweise liefern als der durchschnittliche UFO-Zeuge, stellt sich die Frage: 'Besser' als was? Wenn es darum geht, Astronomen und andere Wissenschaftler davon zu überzeugen, die UFO-Sichtungen von Wissenschaftlern und Astronomen ernst zu nehmen, ist es möglicherweise wertvoller, ihnen Einzelheiten zu solchen UFO-Sichtungen zu präsentieren, als dies allein aufgrund ihres vermeintlichen Beweiswerts nahegelegt wird. Letztendlich sind Wissenschaftler nur Menschen und legen daher möglicherweise einen überhöhten Wert auf ihre Wahrnehmungsfähigkeiten und die ihrer Kollegen. Wenn Ufologen wollen (was viele erklären), dass Wissenschaftler sich mit Ufologie befassen, dann scheinen Zusammenstellungen von Sichtungen von Wissenschaftlern und Astronomen ein nützliches Werkzeug für ufologische Befürworter zu sein. Leider waren Zusammenstellungen solcher Sichtungen tendenziel weniger beliebt als Datenbanken mit Sichtungen von Piloten und Polizeibeamten."

Nicht zu verwechseln mit der Zuverlässigkeit ist die Glaubwürdigkeit, also die Frage eines bewussten Schwindels, die in den wenigsten Fällen eine Rolle spielt, abgesehen vielleicht bei vermeintlich sensationellen Fotos oder Videos, wo Fakes durch die digitalen Möglichkeiten zunehmen. Wenn die Zuverlässigkeit diskutiert oder kritisiert wird, dann nicht, weil man an der Glaubwürdigkeit des Zeugen an sich zweifelt.

Spezielle (Berufsgruppen-)Reportingsysteme für UFO-/UAP-Sichtungen

Im Zuge der vermeintlich höheren Zuverlässigkeit bestimmter Berufsgruppen ist es wenig überraschend, dass es auch spezielle Reportingsysteme gibt, in denen Angehörige dieser Berufsgruppen eigene Beobachtungen erfassen können, die dann in einer Datenbank gesammelt werden. Betreiber solche Datenbanken sehen die darüber gesammelten Berichte gerne als beste Beweise für einen anomalen, vorzugsweisen extraterrestrischen, Hintergrund des UFO-Phänomens. Leider ist oft unklar, inwieweit bei den gesammelten Berichten eine Untersuchung stattgefunden hat oder ob die Berichte lediglich gesammelt werden. Da teilweise auch anonym Berichte abgegeben werden, können hier die prinzipiell wichtigen Zeugenbefragungen, auch zur Klärung offener Fragen, nicht durchgeführt werden. Die Systeme bieten teilweise auch Auszüge aus den erfassten Berichten, so dass man sich auch eine eigene Meinung darüber bilden kann.

Die bekannteste Datenbank dürfte das vom amerikanischen UFO-Forscher Richard F. Haines gegründete "National Aviation Reporting Center on Anomalous Phenomena" (NARCAP) sein, von dem es auch einen deutschen Ableger gibt, der derzeit allerdings nicht online ist. NARCAP wendet sich an Piloten und Flugpersonal, die hier Beobachtungen und Vorfälle mit nicht identifizierten atmosphärischen Phänomenen (Unidentified Aerial Phenomena, UAP) erfassen können. Auf der Seite können diverse Berichte und Studien heruntergeladen werden. Nähere Angaben zu den erfassten Sichtungen finden sich jedoch nicht.

Eine weitere bekannte Datenbank ist die britische "The PRUFOS Police Database" (Police Reporting UFO Sightings), des britischen Ufologen Gary Heseltine, der explizit die angeblich besondere Beweiskraft von Berichten bestimmter Berufsgruppen hevorhebt: "The best evidence for UFOs as extraterrestrial in origin is based on the high calibre witness categories" und u.a. auf Polizisten, Piloten, Radarbeobachter, Militärangehörige und Wissenschaftler verweist. Auf der Seite finden sich Beschreibungen von Sichtungen von Polizisten, die größtenteils als Sammlung von Berichten aus der Presse, Literatur und den freigegebenen MOD-Akten angelegt sind. Eine direkte Erfassung über die Webseite ist nicht möglich und inwieweit in den genanten Fällen auch Untersuchungen stattgefunden haben, ist unklar. Als reine Berichtssammlung haben solche Datenbanken aus wissenschaftlicher Sicht wenig Aussagekraft.

Ferner existieren Fallkataloge einzelner Gruppen oder Forscher mit unterschiedlichen Schwerpunkten, auch zu Vorfällen im Luftraum bzw. aufgrund von Pilotenberichten, wie der AirCat-Katalog des Italieners Marco Orlandi von der Gruppe CISU oder der Aircraft/UFO Encounters File von Dominique Weinstein. Die französische Seite RR0 ("R.R. Zéro") enthält eine Übersicht einschlägiger Fallkataloge. Diese sind aber nicht immer aktuell oder werden beständig gepflegt.

Quellen:
Qualitative criteria: Credible witnesses
The ability of eyewitnesses
Wahrnehmungspsychologische Aspekte bei UFO-Sichtungen (GEP, PDF)
NARCAP
PRUFOS
Aircraft/UFO Encounters File
Catalogues de cas (Liste von Fallkatalogen, französisch)

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