Neue Studie: Auch Akademiker sehen UFOs

Wie ist das Interesse an UFOs in (US-)akademischen Kreisen, was weiß man darüber und was denkt man dort über das Thema? Was hält man von den aktuellen Entwicklungen im Rahmen der Regierungsinitiative und wie bewertet man die journalistische Berichterstattung? Wie bewertet man die akademische (eigene) Beteiligung an der UFO-Forschung? Gibt es eigene Sichtungserfahrungen?

Diesen und weiteren Fragen wollte eine neue Studie der University of Louisville in Kentucky nachgehen und startete eine Umfrage an US-amerikanischen Universitäten. Insgesamt wurden knapp 40.000 Lehrkräfte und ranghohe Akademiker an 144 Universitäten angeschrieben, darunter Physiker, Astronomen, Ingenieure, Natur- und Geisteswissenschaftler, um an einer Onlineumfrage teilzunehmen, die u.a. die oben genannten Frage umfasste.

Ein Artikel dazu findet sich auf scinexx (scinexx 2023). Die Studie wurde im Journal Humanities and Social Sciences Communications veröffentlicht und steht frei zur Verfügung (Yingling, Yingling & Bell 2023). 

Im Abstract der Studie heißt es:

In jüngster Zeit haben ehemalige und amtierende Regierungsvertreter, Abgeordnete und Dozenten in den Vereinigten Staaten die Erforschung dessen gefordert, was ihre Regierung als "Unidentified Aerial Phenomena" (UAP, jetzt "Unidentified Anomalous Phenomena") bezeichnet. Investigativer Journalismus, militärische Berichte, neue Regierungserklärungen und wissenschaftliche Arbeiten haben eine breite Aufmerksamkeit erregt. Andere Länder haben Gespräche über UAP aufgenommen. Die Regierung der Vereinigten Staaten führt neue Anhörungen, Berichte und Untersuchungen zu UAP durch. Welche Auswirkungen könnte dieses Thema auf den akademischen Bereich haben? Trotz des Stigmas, das diesem Thema anhaftet, waren diese Entwicklungen Anlass, die Lehrkräfte nach ihrer Meinung zu fragen. In dieser landesweiten Studie - der ersten, die nach Kenntnis der Autoren die Bewertungen, Erklärungen und Erfahrungen von Lehrkräften in Bezug auf UAP gründlich untersucht hat - nahmen Lehrkräfte mit fester und unbefristeter Stelle aus 14 Fachbereichen an 144 großen Forschungsuniversitäten (N = 1460) an einer Umfrage teil.

Insgesamt umfasste die Umfrage 67 Fragen, die ein breites Spektrum abbildeten:

12 demografische Fragen (z. B. Geburtsjahr, Geschlecht, Rasse, Rang, Disziplin); drei Fragen zum Nachrichtenkonsum (z. B. wie oft die Teilnehmer Nachrichten über UAP gehört hatten); 14 Fragen zur Bewertung des Bewusstseins, der Neugier und der Reaktionen auf UAP und öffentlich verfügbare Informationen über UAP (z. B., Neugier auf das UAP/UFO-Thema, drei Fragen, die den Teilnehmern Passagen aktueller Nachrichten und Regierungsberichte und -gesetze präsentierten [siehe Abb. S1] mit drei Folgefragen, einschließlich Bekanntheit, Engagement und Reaktionen auf jede Entwicklung); 8 Fragen, die die Erklärungen der Teilnehmer für UAP und die Wahrnehmung von Informationsquellen untersuchten (z. B. was erklärt UAP am besten, Vertrauen in künftige Berichte der Bundesregierung); 10 Fragen zur Bekanntheit der aktuellen Forschung (z. B, Kenntnis relevanter, von Experten begutachteter Artikel) und ob die Kenntnis der Wissenschaft die Gedanken der Teilnehmer über das UAP-Thema im Allgemeinen (z. B. gesteigerte Neugier auf das UAP-Thema) oder die UAP-bezogene Forschung beeinflusst (z. B. erhöht die Kenntnis der vorgestellten Wissenschaft die Glaubwürdigkeit der UAP-bezogenen Forschung); 17 Fragen zur UAP-bezogenen Forschung und Lehre (z. B., eine Frage, in der die Teilnehmer gefragt wurden, ob sie oder eine ihnen nahestehende Person jemals etwas beobachtet haben, dessen Ursprung ihnen unbekannt war und das der Definition von UAP durch die US-Regierung widersprechen könnte; eine Frage, in der die Teilnehmer gebeten wurden, zu berichten, wie sich ihr Interesse am UAP-Thema nach der Teilnahme an der Umfrage verändert hat; und eine offene Frage, in der wir die Teilnehmer baten, alles zu schreiben, was sie zum Thema sagen wollten.

Bereits die Reaktionen auf die Anfrage zur Teilnahme zeigten eine breite Zurückhaltung und offensichtliche Skepsis gegenüber dem Thema; so haben lediglich 3,9% überhaupt darauf geantwortet und auch darunter bestand zunächst eher eine Zurückhaltung. Allerdings werden dafür mehrere Faktoren verantwortlich gemacht, wie Umstände während der COVID-19-Pandemie oder die Einschätzung der Anfrage als Spam oder Phishing. Von den insgesamt 1549 Antworten wurden 1460 für die Studie ausgewertet.

Mehr oder weniger bekannt waren den Teilnehmern vor allem der Pressebericht in der New York Times (NYT) sowie der erste Pentagon-Bericht. Der UAP-Passus aus dem Gesetz zum US-Verteidigungshaushalt (NDAA) sowie weitere Publikationen dazu waren überwiegend unbekannt (s. Grafik). 

 

Als persönliche Reaktionen auf die Veröffentlichungen wurde mehrheitlich Neugier genannt, daneben auch Skepsis und Desinteresse/Gleichgültigkeit. Die Mehrheit der Lehrkräfte gab an, dass die journalistischen und staatlichen Entwicklungen die Glaubwürdigkeit von UAP erhöht haben, aber nur eine Minderheit hält das für einen „great deal“. Die große Mehrheit gab gegenüber den diversen Publikationen ein großes oder zumindest moderates Maß an Skepsis an. Bei der Frage, wieviel Vertrauen man in die Regierungsberichte haben sollte, bewegte sich etwa die Hälfte der Teilnehmer bei 5 bis 7, auf einer Skala von 1 bis 10 (s. Grafik).

 

Knapp 19% gaben an, selber, oder ihnen nahestehende Personen, schon mal etwas Unbekanntes gesehen zu haben, das der UAP-Definition der US-Regierung entspräche, knapp 9 % waren sich dazu nicht sicher. Zur Frage möglicher Erklärungen gaben knapp 40 % „Ich weiß es nicht“ an, natürliche Ursachen vermuteten gut 21% und Geräte einer unbekannten Intelligenz gut 13 %. Viele vermuteten auch eine Kombination mehrere Erklärungen (s. Grafiken).

Zur Frage, welche Beweise am überzeugendsten für eine unbekannte Intelligenz wären, wurde mit großer Mehrheit Metanalysen von peer-reviewten Studien angegeben. Als deutlich weniger überzeugend werden Regierungsaussagen und der Journalismus gesehen und am wenigsten Überzeugung wurde persönlichen Erfahrungen zugesprochen (s. Grafik).

 

Ferner wurde u.a. nach der Beteiligung der Wissenschaft an der Bewertung von Informationen zu UAP und mehr wissenschaftliche Forschung gefragt. Fast zwei Drittel sahen eine Wichtigkeit bei der Beteiligung der Wissenschaft an der Bewertung von UAP und etwas mehr als ein Drittel meinte, dass mehr wissenschaftliche Forschung sehr wichtig oder absolut essentiell sei (s. Grafik).

 

Recht zögerlich fiel die Reaktion aus, was die eigene Mitwirkung an UFO-Studien angeht. Unter denjenigen, deren Forschungsgebiet Überschneidungen mit dieser Thematik hat, äußerte rund ein Drittel zwar eine grundsätzliche Bereitschaft für eine solche Beteiligung, die meisten wären aber nur dann zu einer solchen UFO-Forschung bereit, wenn auch andere renommierte Wissenschaftler sich daran beteiligten.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Beteiligten die wissenschaftliche Bewertung von UAP-Informationen und mehr wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema für wichtig halten. Die Neugier überwiegt gegenüber Skepsis oder Gleichgültigkeit. Unabhängig von ihrem Fachgebiet waren den Lehrkräften zwar die Berichte, nicht aber die Rechtsvorschriften bekannt. Es gab unterschiedliche persönliche Erklärungen für UAP, und fast jeder Fünfte berichtete von UAP-Beobachtungen.

Manche Fragestellungen wurden auch auf die unterschiedlichen Disziplinen der Teilnehmer herunter gebrochen. Bei der Frage nach eigenen UAP-Beobachtungen oder solcher nahestehenden Personen, kam die meiste Zustimmung (Ja oder Vielleicht) aus der Anthropologie sowie Kunst & Design, die wenigste aus dem Ingenieurwesen, dem Pflegebereich und den Politikwissenschaften. Ansonsten verteilte es sich mehr oder weniger gleichmäßig (s. Grafik).

 

Die Autoren der Studie ziehen daraus folgende Schlussfolgerung:

Die Zukunft des Themas UAP bleibt unklar. Die Lehrkräfte gaben an, dass sie den von der Bundesregierung veröffentlichten Informationen durchschnittlich vertrauen. Ohne eine Diskussion über den UAP zu eröffnen, werden die Hochschulen nicht über das nötige Vokabular verfügen, um zu diesem Thema beizutragen. Ohne ein Vokabular könnte die Wissenschaft auf eine dringend benötigte Stimme zu einem Thema verzichten, das durch Klassifizierung, Stigmatisierung und Wahrnehmungsmanagement bereits kompliziert ist.

Diese Sondierungsstudie beantwortet einige Fragen und wirft gleichzeitig viele weitere auf. Wenn Wissenschaftler der Meinung sind, dass die Wissenschaft an der Bewertung von Informationen über UAP beteiligt werden sollte, wie kann dies geschehen? Würde das Vertrauen der Lehrkräfte in die Regierungsberichte steigen, wenn sie die Quellen und Ressourcen hätten, um die Daten unabhängig zu prüfen? Wie könnten Wissenschaftler mögliche Fakten von möglichen Handlungen unterscheiden? Gibt es noch zwingende Gründe, das Thema rundheraus abzulehnen? Was bedeutet es, dass Lehrkräfte in einer anonymen Umfrage freiwillig detaillierte und persönliche UAP-Erfahrungen mitgeteilt haben, wobei einige angaben, dass sie durch das Stigma davon abgehalten wurden, diese mit anderen zu teilen? Was auch immer die Ursache sein mag, was ist der Preis der Selbstzensur? Wem überlassen die Wissenschaftler das Thema, indem sie sich nicht engagieren? Wie sollte die Zukunft dieses Themas im akademischen Bereich aussehen? Ist der jüngste Aufschwung dieses Themas anomal, oder ist seine Präsenz eine neue Norm? Mit diesen Ergebnissen zu den Wahrnehmungen der Lehrkräfte in Bezug auf dieses heikle Thema bitten wir unsere fähigen Kollegen aus verschiedenen Disziplinen, die über einzigartige Methoden und Einsichten verfügen, nicht nur über Antworten auf diese Fragen nachzudenken, sondern sogar noch bessere Fragen zu den Vorgängen zu stellen.

Weitere Details können der Studie entnommen wurden. 

Eigene Anmerkungen:

Die Autoren bezeichnen die Studie als in der Form bislang einmalig, dem wir hier nicht widersprechen möchten. Dass auch Akademiker UFOs beobachten bzw. als Zeugen melden, ist an sich nicht ungewöhnlich, da UFOs auch ein gesellschaftliches Phänomen sind und die Zeugen aus allen Schichten stammen. Auch wir selber hatten als UFO-Untersucher schon Akademiker als UFO-Zeugen. Der Informationsstand zur Studie ist der des ersten Pentagon-Berichts, der allerdings mittlerweile durch einen deutlich differenzierteren Bericht ersetzt und auch weiteren Informationen überholt wurde. Die in der Umfrage referenzierten medialen Quellen beziehen sich auch auf einschlägige Medienberichte, die in der Breite als eher ufo-befürwortend bewertet werden müssen.

Aus den Antworten der Teilnehmer zeigt sich, dass offenbar wenig über die bislang durchgeführte, langjährige UFO-Forschung bekannt ist, auch was bisherige akademische oder wissenschaftliche Publikationen angeht, von denen es eine ganze Reihe seit Jahrzehnten gibt, ebenso wie mittlerweile über 400 akademische Abschlussarbeiten weltweit zu diesem Thema, die der Italiener Paolo Toselli von der CISU seit Jahren als Liste führt (Ufology Research 2022, UFODATA, Toselli 2022). Ebenso wäre dazu die aktuelle Neuerscheinung eines Kompendiums auf akademischen Niveau zur Zuverlässigkeit von UFO-Augenzeugen zu nennen (ufoinfo.de 2023).

Das ist für Außenstehende aber auch wenig überraschend und entspricht eigenen Erfahrungen. Man kennt am Ehesten die einschlägigen Schlagzeilen, jedoch nur selten Details oder weitergehende Hintergründe, von der privaten UFO-Forschung ganz abgesehen. In eigenen persönlichen Gesprächen erfuhren wir häufig Interesse und Neugier, nachdem wir selber unsere sachliche Position erläutert haben. Vorbehalte gegenüber dem Thema in der Wissenschaft sind nachvollziehbar und begründen sich letztlich aus dem Verhalten von Teilen der UFO-Szene selber, insbesondere der Alien-Ufologie, die regelmäßig mit teils abenteuerlichen Behauptungen und Spekulationen von sich reden macht, ohne dazu jedoch konkrete Belege zu liefern, wie sich auch an den aktuellen Einlassungen des Dr. Garry Nolan zeigt (How and Why's 2023). Insofern rührt die oft thematisierte und beklagte Stigmatisierung aus der UFO-Szene selber her.

Die Antworten zeigen auch eine oftmals sachliche Einschätzung des Themas, die auch von Skepsis und Zurückhaltung begleitet wird. Insbesondere was die Überzeugungskraft diverser Indizien angeht die neben journalistischen Berichten vor allem bei persönlichen Erfahrungen (also reine Zeugenaussagen) als sehr gering eingestuft wird und was die Hervorhebung wissenschaftlicher Beteiligung und Betrachtung angeht.

Referenzen:
How and Why's (2023): "Stanford Top Scientist Claims ‘100%’ Aliens Are On Earth; He Himself Saw Grey E.T.s".
Ufoinfo.de (2023). Neues Buch zur Zuverlässigkeit von UFO-Augenzeugen
UFODATA: Scientific Resources [Online]. https://ufodata.net/scientific.html
Ufology Research (2022). Scientific and scholarly articles about UFOs [Blog]
scinexx (2023): "Auch US-Akademiker sehen UFOs" 
Toselli, P. (2022). Universty UFO Theses & Dissertations, 1948-2022 [Online]. http://www.cisu.org/wp-content/uploads/2022/12/ufotheses_by_paolo_toselli_updated_23122022.pdf
Yingling, M.E., Yingling, C.W. & Bell, B.A. (2023). Faculty Perceptions of Unidentified Aerial Phenomena. Humanity & Social Sciences Communications, (10) 246. https://doi.org/10.1057/s41599-023-01746-3

  

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