Über die Jahre hinweg haben sich Wissenschaftler und UFO-Forscher mit verschiedenen Aspekten des UFO-Phänomens beschäftigt und haben dazu auch immer wieder interessante Aussagen und Feststellungen getroffen, die sich oftmals als Zitate an verschiedenen Stellen finden.

Zitate beinhalten ganz unterschiedliche Aussagen, je nach Autor, und natürlich lassen sich für jede individuelle Meinung passende Zitate finden, die diese bestätigen oder unterstützen. Insofern sehen wir solche Zitate nicht zwangsläufig als Argumente, aber zumindest doch als Anregung zum Nachdenken.

Wir werden hier jeden Monat ein neues Zitat abdrucken und gerne nehmen wir auch Vorschläge für markante Zitate entgegen.

 

Unser Zitat des Monats - Januar 2024:

"Eigentlich sind es nur wenige helle Sterne und Planeten, die Anlass zu solchen Berichten geben... Der eigentliche Champion ist jedoch die Venus, die hundertmal heller sein kann als die anderen Sterne in ihrer Umgebung und selbst bei Tageslicht einem frontal ausgerichteten Landescheinwerfer eines Flugzeugs ähnelt..."

Allan Hendry, The UFO Handbook

 

Bisherige Zitate des Jahres 2024

 

Zitate des Monats - 2023

 

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Einleitung

Wie zuverlässig sind Zeichnungen von UFO-Augenzeugen? Welche Bedeutung können wir ihnen bei der Frage zumessen, was tatsächlich beobachtet wurde? Zu diesen Fragen konnte ich einen Vortrag auf der UFO-Tagung der GEP im Jahr 2022 halten, den hier textlich mit kleineren Ergänzungen zusammenfassen möchte und zu dem noch ein ausführlicherer Aufsatz erscheinen wird.

Nach wie vor erhalten wir den Großteil der Sichtungen ohne Bildmaterial in Form von Fotos oder Videos, so dass Zeichnungen von Augenzeugen, neben Beschreibungen, den einzigen Anhaltspunkt zur zentralen Frage "Wie sah es aus?" bieten. Entsprechend stehen diese in der Falldiskussion im Mittelpunkt, wenn es darum geht, was ein Zeuge gesehen hat und inwieweit es sich mit herkömmlichen Objekten in Einklang bringen lässt. Die Abb. rechts zeigt einige Skizzen, die anlässlich von UFO-Sichtungen abgegeben wurden, jedoch herkömmliche Objekte zeigen, erkennen Sie sie?

Zeichnungen bieten grundsätzlich drei Vorteile:

  • Sie vermitteln einen originären visuellen Eindruck davon, was der Zeuge gesehen hat,
  • sie ergänzen verbale und schriftliche Angaben,
  • und sie sind unabhängig von Sprach- und Schriftfertigkeiten und können so Erinnerungen besser abbilden, als verbale und schriftliche Angaben.

Zusammen mit dem freien Zeugenbericht und Detailangaben aus einem Fragebogen bilden sie den Dreiklang an Informationskanälen, die wir im Idealfall mindestens haben. In der Fallbeurteilung sind Zeichnungen meist auch Teil der Argumentation für oder gegen ein herkömmliches Objekt, je nachdem, inwieweit man Details der Zeichnungen mit diversen Objekten in Einklang bringen kann. Nicht selten wird in Falldiskussionen gegen ein eventuell infrage kommendes, herkömmliches Objekt argumentiert, da die Zeichnung nicht dem Objekt entspräche. Aber wie begründet ist eine solche Argumentation anhand von Zeichnungen?

Um mich dieser Frage anzunähern, habe ich sie aus vier Blickwinkel betrachtet:

  1. Welche Erkenntnisse lassen sich aus Zeichnungen zu identifizierten Fällen ableiten ("IFO-Message")?
  2. Welche Ergebnisse brachten Experimente aus der UFO-Forschung?
  3. Was sagt die Wissenschaft?
  4. Grundlagen der Objekt und Formwahrnehmung

Die "IFO-Message"

Aus dem großen Pool an identifizierten Sichtungen lässt sich vieles für die UFO-Forschung und das Phänomen insgesamt ableiten. Nicht zuletzt zur Frage, wie Zeugen herkömmliche Objekte wahrnehmen und beschreiben und wie sich deren Beschreibung von den tatsächlichen Objekten unterscheidet. Das sagt auch viel über die Zuverlässigkeit des menschlichen Beobachters als vielfach Hauptinstrument einer UFO-Sichtung aus. Ersichtlich wird dies auch anhand von Zeichnungen, die die Zeugen anfertigen und die zum Teil erheblich von den tatsächlichen Objekten abweichen. An Beispielen aus identifizierten Fällen dienen eingangs zwei Fälle aus Deutschland. Einen habe ich selber mit untersucht, beim zweiten Fall (der GEP) war ich in der Falldiskussion anwesend. In beiden Fällen wichen die Zeugenzeichnungen erheblich von dem sehr wahrscheinlichen Auslöser ab.

Im selber untersuchten Fall hatte der Zeuge die gezeichnete glockenförmige Struktur, samt angedeuteter Fenster anhand eigener Interpretationen wiedergegeben, die er so nicht wahrgenommen hatte; es wurden nur Lichter gesehen. Nach einer anschließenden Vorortbefahrung konnten wir ähnlich wirkende Signallichter an Türmen und Masten (Hindernisbeleuchtung für den Luftverkehr) sehen, die wir als Auslöser der Sichtung ansahen und was auch der Zeuge als plausibel empfand (s. Abb. unten links). Eine besondere und eher seltene Situation ergab sich beim GEP-Fall, wo es neben der Zeichnung auch ein Video des Zeugen gab, das deutlich auf ein Flugzeug hinwies, was der Zeuge aber ablehnte. Er lieferte eine doch sehr interpretativ geprägte Zeichnung ab, die mit dem Video nicht viel gemein hatte, und das, obwohl er seine Zeichnung am eigenen Video kalibrieren konnte (s. Abb. unten rechts). Das zeigt, wie sehr eigene Überzeugungen in Zeichnungen (und Beschreibungen) einfließen und diese verfälschen können. 

Abb. 2: Glockenförmiges UFO mit Fenstern und Turm mit Hindernisbeleuchtung als Ursache (Beispielfoto, links); Zeugenvideo (Flugzeug) und die dazu angefertigte Zeichnung (rechts)

Weitere Beispiele stammen aus der Literatur. Relativ bekannt dürfte hierzu die Sammlung des US-amerikanischen UFO-Forschers Allan Hendry sein, der mehrere Sichtungen auf Werbeflugzeuge in der Nacht zurückführen konnte, wohingegen die Zeugenzeichnungen eher typische Untertassen zeigten (Hendry 1980). Tatsächlich waren nur einzelne Lichter zu sehen, die gezeichneten Formen und Strukturen wurden von den Zeugen reininterpretiert (s. Abb. 4 links). Ergänzend stellt Hendry fest, dass sich unter den Zeichnungen zu IFOs mehr Scheiben mit Kuppeln finden als bei den ungeklärten Fällen. Hendry stellt dazu die wichtige Frage, was dies über das Phänomen insgesamt aussagt.

Weitere bekannte Beispiele hat der Spanier Manuel Borraz gesammelt, mit Zeichnungen zu Sichtungen von Meteoren oder Reentries, die über mehrere Jahrzehnte beobachtet wurden (Borraz 1990). Die Beobachtungen wurde sowohl vom Boden aus gemacht, als auch aus Flugzeugen heraus, von Piloten. Trotz der üblichen Abweichungen in Details zeigen sich mehrheitlich auch Ähnlichkeiten. Neben einer Art Düsenantrieb, auch mit Feuerschweif, sind dies eine zigarrenförmige Struktur und Fensterreihen, die auf ein durchweg als künstliches Luftfahrzeug wahrgenommenes Phänomen hindeuten (s. Abb. 4 Mitte). Ein weiteres bekanntes Beispiel für ein fehlgedeutetes Reentry-Ereignis ist der Wiedereintritt der Zond IV-Sonde im Jahr 1968, das ebenso als UFO-Ereignis Schlagzeilen machte (s. Abb. rechts). Diese Beispiele zeigen, wie durch den optischen Eindruck vermeintlich künstliche Strukturen in ungeordnete (teils natürliche) Erscheinungen hineininterpretiert werden können.

Ebenfalls interessant ist eine von der italienischen CISU untersuchte Massensichtung eines Stratosphärenballons, der über eine längere Zeit am Himmel stand und zu Hunderten Sichtungsmeldungen führte und ganz unterschiedliche Zeugenzeichnungen hervorbrachte, die zum Teil erheblich voneinander abweichen, obwohl immer dasselbe Objekt beobachtet wurde (Grassino 1986, s. Abb. 4 rechts). Es muss aber berücksichtigt werden, dass solche Höhenballons häufig durch nachlassende Füllung eine unförmige Gestalt annehmen und das Sonnenlicht unterschiedlich wechselnd reflektieren, so dass die Erscheinungsweise auch variieren kann. Die CISU sieht solche (identifizierten) Massensichtungen als eine gute Forschungsgrundlage hinsichtlich der Genauigkeit von Zeugenaussagen, durch die Möglichkeit des Abgleichs des tatsächlich beobachteten Objektes mit der Wahrnehmung durch die Zeugen.

Zwischenfazit aus den IFOs:

  • Zeichnungen können erhebliche Abweichungen zu tatsächlichen Objekten aufweisen
  • Zeichnungen enthalten häufig subjektive Interpretationen hinsichtlich Formen und Details
  • Massensichtungen zeigen Streuung und Abweichungen in der Breite

 

Abb. 4: Auszüge aus den IFO-Beispielen: Hendry, Werbeflugzeuge (links); Borraz, Meteore/Reetries (Mitte); CISU, Stratosphärenballon (rechts)

Experimente in der UFO-Forschung

Experimente zum Thema Zeichnungen gab es, soweit ich es bislang recherchieren konnte, nicht viele, die zudem noch älteren Datums sind. Hierzulande bekannt sein dürfte das GEP-Wahrnehmungsexperiment aus dem Jahr 1988 mit einem Heißluftballon-Dia, das von Dr. Alexander Keul hinsichtlich mehrerer Parameter ausgewertet wurde, und das recht interessante Ergebnisse hervorbrachte (Peiniger 2009). Bezogen auf die Skizzenqualität ergab sich die typische Streuung in den Ergebnissen und insbesondere Abweichungen in Details (s. Abb. 7 links). Ansonsten ergab sich ein zwiespältiges Bild. Die meisten Skizzen waren entweder gut oder nichtssagend. Das Ergebnis entsprach weitgehend dem der verbalen Beschreibung. Keul stellt danach u.a. fest, dass max. die Hälfte der Zeichnungen zu gebrauchen ist, sich jedoch im Einzelfall nicht feststellen lässt, ob die jeweilige Zeichnung darunter fällt. Einen einfachen Zeichentest führte Keul bereits 1983 anlässlich einer UFO-Tagung durch, für den er ein existierendes UFO-Foto verwendete (Keul 1983). Bereits hier stellte er diverse Ungenauigkeiten und Abweichungen in den Details fest und diskutierte dazu die Anwendung von Rohrschachtests mit Zeugen. Der Soziologe Edgar Wunder demonstrierte einen zum GEP-Experiment analogen Zeichentest anlässlich der Pro7 Galileo Mystery-Sendung zum Thema UFOs, der zu analogen Ergebnissen führte. Wunder stellte dazu später u.a. fest, "dass Menschen, wenn sie kurzzeitig mit einem uneindeutigen Stimulus konfrontiert werden, im Nachhinein - hier schon wenige Minuten später - bei ihren Zeichnungen des 'Objekts' auch Dinge zeichnen, die dem Stimulus nicht wirklich entsprechen" (Wunder 2021).

Der amerikanische UFO-Forscher Richard Haines führte vier Zeichenexperimente durch, die er in einem seiner Bücher publizierte und die unterschiedliche Aspekte zum Inhalt haben (Haines 1979). So testete er Unterschiede zwischen UFO-Augenzeugen und Nicht-Augenzeugen, sowie Einflüsse verschiedener, vorhergehender Erfahrungen auf spätere Zeichnungen. Seine Experimente führten zu interessanten Ergebnissen mit teils noch offenen Fragen. So konnte er feststellen, dass Teilnehmer mit früheren UFO-Erfahrungen in einem Zeichentest im Schnitt weniger Details zeichneten, als die Kontrollgruppe, wofür er keine Erklärung anbieten konnte. Selber würde ich als These anbieten, dass die Teilnehmer ohne vorhergehende UFO-Erfahrungen sich bei ihren Zeichnungen vor allem an gängige Klischees und Vorstellungen von UFOs orientierten, was zu vermehrten Details führen könnte. Im zweiten Zeichentest zeichneten Personen, die vorher einen Diavortrag zum Thema UFOs bekamen, bei den anschließenden Dias mit unterschiedlichen Formen, diese im Schnitt immer etwas kleiner als die Kontrollgruppe (Gruppe II, s. Abb. 5). Zwar wurde der Unterschied nicht als signifikant angesehen, ist jedoch jedoch als deutlicher Trend zu erkennen. Auch für dieses Ergebnis konnte Haines keine Erklärung anbieten.

Abb 5: Beispiele aus den Ergebnissen des zweiten Zeichentests von Haines, Nachzeichnen von verschiedenen Formen

Bei der zeichnerischen Wiedergabe einer zuvor betrachteten Zeichnung fanden sich in den Ergebniszeichnungen neben einer zu kleinen Wiedergabe des Breiten-/Höhen-Verhältnis die typischen Fehler einer Reproduktion, darunter insbesondere die verzerrte Wiedergabe von Details (s. Abb. 6). Keine Unterschiede gab es zwischen den Gruppen bzw. bei Teilnehmern mit einem vorhergehenden Diavortrag zum Thema UFOs.

Abb. 6: Zeichentest, Nachzeichnen einer vorgegebenen UFO-Zeichnung; Zeichnung des Zeugen (links), drei der Teilnehmerskizzen (rechts)

Die zeichnerische Wiedergabe aufgrund zweier verbaler Beschreibungen zeigte eine sehr uneinheitliche Berücksichtigung von angegebenen Details und (teils erwartete) unterschiedliche Forminterpretation. Die Abb. 7 (rechts) zeigt das Ergebnis eines der beiden Zeichentests, wobei die rot markierte Skizze, die des Augenzeugen war. Dieser Test zeigt, wie unzuverlässig eigene zeichnerische Interpretationen rein auf textlichen Beschreibungen sein können. Interessant war in dem Zusammenhang auch, dass Teilnehmer mit höherer Untersuchungserfahrung zum Teil weniger genaue Zeichnungen ablieferten, was auch zu der offenen Frage nach dem Warum führte. Allerdings müssen die jeweiligen Testergebnisse als eher vorläufig angesehen werden, auch infolge der, insbesondere beim letzten Test, relativ geringen Teilnehmerzahl. Insofern böten sich hier Nachfolgeexperimente an. Manche der Tests ließen sich auch an Tagungen bzw. Workshops relativ einfach ohne großen Aufwand durchführen.

Zwischenfazit aus den Experimenten:

  • Abweichungen und Streuung in der Breite bei Betrachten desselben Reizes (Wenn mehrere dasselbe sehen, ist es nicht das Gleiche)
  • Nachzeichnen sowohl einer vorgegebenen Zeichnung als auch verbaler Beschreibungen, brachte teils stark abweichende Ergebnisse
  • Die Genauigkeit der visuellen Wahrnehmung muss infrage gestellt werden
  • Wenn schon Minuten nach der Betrachtung Abweichungen auftreten, welche Verzerrungen sind dann nach längerer Zeit zu erwarten?
  • Problem der Fallbeurteilung: Welche Qualität liegt im konkreten Fall vor?

 

Abb. 7: Ergebnisse des GEP-Experiments mit Heißluftballon-Dia (links); Ergebnisse aus einem Zeichentest von Haines, Nachzeichnen einer verbalen Beschreibung (rechts)

Studien aus der Wissenschaft

Meine Recherche förderte kaum wissenschaftliche Studien zu diesem Thema zu Tage und auch ein forensischer Psychologe bestätigte mir, dass es zu diesem Thema in der Forensik praktisch keine Experimente gibt, was aber auch nicht verwundert, da Zeugen in diesem Bereich kaum eigene Zeichnungen anfertigen. Recherchieren konnte ich zwei Studien, mit inhaltlich ähnlichen Aussagen hinsichtlich einer verbesserten Gedächtnisleistung bei Anfertigung von Zeichnungen anstatt schriftlicher Notizen oder einer verbalen Wiedergabe bei einem Interview. 

Die Universität Waterloo führte mehrere Experimente zum freien Erinnern durch, bei denen zwischen dem Anfertigen von Zeichnungen und schriftlichen Notizen, unmittelbar nach einem Reiz, verglichen wurde (Wammes, Meade & Fernandes 2016). Herausgefunden wurde dabei, dass Zeichnen das Gedächtnis stärker verbessert, als andere Techniken, und das bei einer Vielzahl an Aufgaben. Die zweite Studie, eine Metastudie im Zusammenhang mit der Durchführung von kognitiven Interviews, die als bevorzugte Interviewform bei Zeugenbefragungen gilt, stellte fest, dass wenn Zeugen eigene Skizzen zur freien Erinnerung nutzen, sie deutlich weniger Konfabulationen erzeugen, als in einem geführten Interview (Memon, Meissner & Fraser 2010). Die Annahme hierzu lautet, dass Zeugen bei eigenen Skizzen ihre eigenen Hinweis aus dem Gedächtnis nutzen, anstatt im Rahmen eines Interviews Hinweise seitens des Interviewers zu bekommen. Beide Studien stellen insofern durchaus auch positive Aspekte von Zeichnungen heraus. Als Schlussfolgerung aus diesen Studien kann empfohlen werden, dass Zeugen immer angehalten werden sollten, frühzeitig selber eine Zeichnung anzufertigen. Genau dies empfiehlt bspw. die US-amerikanische Gruppe API auf ihrer Seite, auch unter Hinweis auf die erstgenannte Studie.

Immer wieder ist auch das Anfertigen von Zeichnungen durch den Untersucher selber, auch in enger Abstimmung mit dem Zeugen, anzutreffen. Persönlich sehe ich dies eher kritisch, auch wenn es zu dieser spezifischen Thematik keine Studienlage gibt. Das Grundproblem liegt hier in der notwendigen Interaktion zwischen Zeuge und Untersucher, was zu einer Angleichung des Ergebnisses zwischen den Beteiligten führt. Die notwendige Interaktion dürfte zudem die daraus resultierende Zeichnung stark beeinflussen, wie ein forensischer Psychologe mir gegenüber äußerte (Sharps 2022). Richard Haines weist auf die Anforderung hin, den Zeugen zeichnen zu lassen, was er beobachtet hat. Insofern sollte man als Untersucher auf die Anfertigung eigener Zeichnungen möglichst verzichten. Eine ähnliche Situation stellt das Anfertigen von Phantombildern von Verdächtigen dar, wobei die jeweiligen Polizeizeichner dafür extra geschult sind. Zudem stellte eine Studie fest, dass selbst hier die Ergebnisse eine geringe Trefferquote zu den tatsächlichen Tätern aufweisen (Davies & Valentine 2007). Das Problem liegt hier im Speziellen in der Täteridentifikation. 

In jedem Fall fragwürdig ist das eigene Nachzeichnen von Zeugenzeichnungen, wie das manche Ufologen für Fallzusammenstellungen praktizieren, um so vermeintliche Ähnlichkeiten oder eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, teils sogar im eigenen Nachkolorieren. Beobachtet wurden hier auch schon nachträgliche Verfälschungen, um künstlich Ähnlichkeiten mit anderen Vorfällen zu erzeugen. Mit einer wissenschaftlichen Arbeitsweise hat dies in jedem Falle nichts zu tun.

Prinzipiell sollte man auf das eigene Anfertigen von Zeichnungen möglichst verzichten, zumindest muss dies deutlich kenntlich gemacht werden. Zeugen sollten immer angehalten werden, eigene Zeichnungen anzufertigen.

Objekt- und Formwahrnehmung

Wenn es darum geht, was Zeugen zeichnen, steht auch immer die Frage der Wahrnehmung im Raum und wie wir Objekte und Formen wahrnehmen. Insbesondere in der Nacht, wenn wir mehrere Lichter beobachten, stehen die typischen Fragen im Raum, ist es ein Objekt oder sind es mehrere und welche Form hat es? Ein Klassiker sind hier Flugzeuge in der Nacht, die aufgrund der Anordnung der Lichter häufig nicht als solche erkannt und als UFO bzw. Dreieck geschildert werden (s. Beispiele in Abb. 8). Dies zeigt, dass schon Lichter alleine in einer ganz bestimmten Form wahrgenommen werden können, auch wenn die Form als solche nicht zu erkennen ist. Hinsichtlich der Beobachtung dreieckiger Flugobjekte ist die Sammlung auf der Seite der Gruppe Aerial Phenomena Investigations interessant, die neben diversen Zeichnungen auch einzelnes Fotomaterial dazu zeigt. Darauf sind jedoch immer nur nächtliche Lichter zu sehen, was als Indiz für eine vorwiegend wahrnehmungsbedingte Interpretation dreieckiger Flugkörper gewertet werden kann.

Abb. 8: Von Links: UFO-Sichtung, als Boeing 747 identifiziert; Standbild aus einem Video der Belgien-Welle; zwei Beispiele für Flugzeuge

Maßgeblich für die Formwahrnehmung sind die so genannten Gestaltgesetze der Wahrnehmung, von denen es insgesamt neun gibt und woraus ich fünf zitieren möchte (Bak 2020). Einerseits sind dies Gesetze, die bestimmen, wann wir mehrere Objekte als zusammengehörig empfinden und zu einem Objekt gruppieren:

  • Die Gleichartigkeit (z.B. Größe, Farbe, Helligkeit), die räumliche Nähe zueinander und das gemeinsame Schicksal, das bedeutet bspw., wenn sich Lichter gleichartig bewegen, in dieselbe Richtung.

Andererseits sind es Gesetze, die die bevorzugte Form bestimmen, die wir wahrnehmen:

  • Die so genannte gute Gestalt (Einfachheit der Form) und die Geschlossenheit der Form. Heißt im Ergebnis, dass wir einfache geschlossene Formen bevorzugen.

Insofern halte ich die Beschreibung eines Dreiecks oder auch eines Bumerangs bei einer nächtlichen Beobachtung für nicht außergewöhnlich, da in den meisten Fällen nächtlings Lichter wahrgenommen werden, die dann entsprechend ihrer Anordnung interpretiert werden. In manchen Fällen weist der Zeuge aber auch selber darauf hin, dass er eigentlich keine feste Form erkannt hat, sondern es nur eine Annahme ist. So erwähnt der Zeuge im Fall der Zeichnung aus der folgenden Abb. (links), dass er die Form aus der Anordnung der Lichter definierte.  Insofern ist es immer wichtig, genau zuzuhören, was der Zeuge beschreibt und wie er es beschreibt.

Abb. 9: Zeugenzeichnungen zu zwei Beobachtungen von Lichtern in der Nacht

Ein weiterer Punkt bei der Formwahrnehmung ist die Illusion der sogenannten Scheinkonturen bzw. Scheinkanten (Nieder 2002). Die besagt, dass man in der Überzeugung, eine bestimmte Form wahrzunehmen, dann auch entsprechende Konturen bzw. Kanten "sieht", wo tatsächlich keine sind oder zu sehen sind. Hier können auch persönliche Erfahrungen oder Erwartungen mit rein spielen, was als Priming-Effekt bekannt ist. Das hier Gesagte bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass derartige Fälle leichter oder eindeutiger aufzulösen sind, so ist bspw. die Sichtung zur Zeichnung auf der Abb. oben links aktuell noch ungeklärt und die gezeichnete dreieckige Form noch unklar. Es kann natürlich auch nicht ausgeschlossen werden, dass tatsächlich in besagten Fällen bspw. ein Dreieck am Himmel entlang flog, sofern dies im Wesentlichen jedoch auf die Beobachtung von Lichtern (in der Nacht) beruht, ohne weitere Indizien oder Bildmaterial, so lange sollte man bei der Interpretation von Formen prinzipiell zurückhaltend sein.

In den Raum stellen möchte ich die Frage, inwieweit die Aufforderung im Fragebogen, eine Form zu zeichnen, ggf. eine Erwartungshaltung beim Zeugen aufbauen kann, eine Form zu zeichnen, auch wenn er keine eindeutige erkannt hat, und so möglicherweise interpretative Angaben fördert.

Gesamtfazit

  • Zeichnungen sind keine Fotos und kein 1:1-Abbild der eigentlichen Beobachtung
  • IFOs und Experimente zeigen insgesamt eine eher mäßige Qualität der Zeichnungen (fehlerbehaftet, mit Abweichungen, vor allem in Details)
  • Das Erkennen von Formen unterliegt der subjektiven Wahrnehmung und Interpretation
  • Verbesserte Gedächtnis- und Erinnerungsleistung gegenüber schriftlichen Notizen und rein verbalen Beschreibungen durch früh angefertigte eigene Zeichnungen
  • Die Bedeutung von Zeichnungen ist für sich eher gering, keine zuverlässige Ableitung auf herkömmliche Objekte möglich

Empfehlungen für die eigene Arbeit

  • Anwendung sorgfältiger Untersuchungsmethoden und das Bemühen um möglichst genaue Zeugenzeichnungen
  • Erhebung von Berichten und Zeichnungen zum gegenseitigen Abgleich
  • Frühzeitige Anfertigung von Zeichnungen durch den Zeugen selber
  • Zurückhaltende Beurteilung von beschriebenen Formen und Details, vor allem in der Nacht; Detailreichtum kritisch hinterfragen, insbesondere nach längerer Zeit
  • Zeichnungen im Kontext anderer Angaben und Indizien bewerten

Abschließend soll noch angemerkt werden, dass gerade bei längerer Sichtungsdauer eine Zeichnung immer nur ein Ausschnitt aus dem Gesamtablauf zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. Das bedeutet, dass ein beobachtetes Objekt davor oder danach ggf. anders ausgesehen haben kann. Hier sollte auch immer nachgefragt werden, wie sich ein Objekt über die Sichtungsdauer dargestellt hat.

Festzustellen wäre noch, dass es hier noch ein großes Potential für Projekte und weitere Experimente gibt, in dem sich auch die private UFO-Forschung betätigen kann.

Referenzen
– API/Aerial Phenomena Investigations. The Elusive Black Triangle. [Online] https://aerial-phenomenon.org/investigator-resources/photo/the-elusive-black-triangle/
– Bak, P. M. (2020). Wahrnehmung, Gedächtnis, Sprache, Denken. Berlin: Springer, S. 36-37
– Borraz, M. (1990). Meteoros con ventanillas [Meteore mit Fenstern]. Cuadernos de Ufologia, 2(9-10), S. 15-24 https://www.academia.edu/42949504/Meteoros_con_ventanillas
– Davies, G. M. & T. Valentine (2007). Facial Composites: Forensic Utility and Psychological Research. In: R. C. Lindsay et al. (Hrsg.). Handbook of Eyewitness Psychology. Erlbaum, S. 59–86. Zitiert in: M. Pfundmair (2020). Psychologie bei Gericht. Berlin: Springer, S. 105
– Grassino, G. P. (1986). ’Flap’ in Piemonte. UFO Rivista di Informazione Ufologica, 1(2), S. 17-22 https://files.afu.se/Downloads/Magazines/Italy/UFO%20Rivista%20di%20Informazione%20Ufologica%20(CISU)/UFO%20Rivista%20di%20Informazione%20Ufologica%20-%20No%2002.pdf
– Haines, R. F. (1979). What Do UFO Drawings by Alleged Eyewitnesses and Non-Eyewitnesses Have in Common? In: R. F. Haines (Hrsg.). UFO Phenomena and the Behavioral Scientist. Metuchen: ScarecrowPress, S. 358- 395 https://www.nicap.org/books/Behavioral_Scientist/UFO_Phenomena_and_Behavioral_Scientist.pdf
– Hendry, A. (1980). The UFO Handbook. Garden City, New York: Doubleday & Co., S. 91-92
– Keul, A. G. (1983). What could be this? In: lnternational UPIAR Colloquium on Human Sciences and UFO Phenomena (Proceedings), S. 15-20
– Memon, A., C. A. Meissner & J. Fraser (2010). The Cognitive Interview: A Meta-Analytic Review and Study Space Analysis of the past 25 Years. Psychology, Public Policy, and Law, 16(4), S. 340-372. Zitiert in Wikipedia (2021). Cognitive Interview [Online] https://en.wikipedia.org/wiki/Cognitive_interview#Adults_and_cognitive_interviews
– Nieder, A. (2002). Die Wahrnehmung von Scheinkonturen - Wie sich das Gehirn Illusionen macht. e-Neuroforum, 8(3), S. 210-217 https://doi.org/10.1515/nf-2002-0302, https://homepages.uni-tuebingen.de/andreas.nieder/Nieder(2002)Neuroforum.pdf
– Peiniger, H-W. (2009). Wahrnehmungspsychologische Aspekte bei UFO-Sichtungen. JUFOF, 3-2009, S. 81-86 https://files.afu.se/Downloads/Magazines/Germany/JUFOF%20(GEP)/JUFOF%20-%20Issue%20183%20-%202009%2003.pdf
– Sharps, M. J. (2022). E-Mail an den Autor. [Persönliche Korrespondenz, 11.05.2022].
– Wammes J. D., M. E. Meade & M. A. Fernandes (2016). The Drawing Effect: Evidence for Reliable and Robust Memory Benefits in free Recall. Quarterly Journal of Experimental Psychology. 69(9), S. 1752-1776 https://doi.org/10.1080%2F17470218.2015.1094494
– Wunder, E. (2021). E-Mail an den Autor. [Persönliche Korrespondenz, 18.10.2021].

 

Hier gibt's den dazugehörigen Vortrag von mir auf der GEP-Tagung am 05. November 2022 in Lüdenscheid

 

Überarbeitete und erweiterte Präsentation zum Thema (Download auch hier)

 

Die Frage hinsichtlich besonders glaubwürdiger und vor allem zuverlässiger Zeugen, in dem was sie beobachten und beschreiben, ist so alt wie die UFO-Forschung. Im Mittelpunkt steht dabei die Berufsgruppe der Piloten, denen man eine solche besonders hohe Zuverlässigkeit zurechnet. Das zeigt sich aktuell besonders in der Diskussion um die von Piloten der US-Navy beobachteten unidentifizierten Objekte, die regelmäßig auch als "trainierte Beobachter" hierzu gelten. Das ist wohl dem Umstand geschuldet, dass es, ohne Zweifel, eine hoch qualifizierte Berufsgruppe ist, die sich im selben Medium bewegt, wie üblicherweise die beobachteten unidentifizierten Objekte, in der Atmosphäre. So rechnet man Piloten auch eine hohe Fachkenntnis bei der Beurteilung dessen zu, was sie beobachten.

Allerdings haben bereits früh UFO-Forscher wie J. Allen Hynek oder Allen Hendry, ebenso wie der frühere NASA-Ingenieur James Oberg und andere Wissenschaftler, diese hohe Zuverlässigkeit relativiert, indem sie auf die hohe Rate an Fehlinterpretationen gerade auch bei Piloten und auch deren Täuschungsanfälligkeit aufmerksam machten. Letztlich gibt es für diese Argumentation auch keine Studien, die das stützen, zumal es seitens Erkenntnissen der Psychologie eher widerlegt wird. Die Autoren einer russischen UFO-Studie kamen zu demselben Schluss. Yuli Platov von der sowjetischen Akademie der Wissenschaften und Oberst Boris Sokolov vom Verteidigungsministerium untersuchten eine Reihe von Sichtungen im Jahr 1982, die Luftverteidigungseinheiten veranlassten, Düsenjäger einzusetzen, um die UFOs abzufangen. Platow und Sokolow erklärten, die Sichtungen seien durch Militärballons ausgelöst worden, die in größere Höhen aufstiegen als erwartet. "Die beschriebenen Episoden zeigen, dass selbst erfahrene Piloten nicht vor Fehlern bei der Einschätzung der Größe der beobachteten Objekte, der Entfernungen zu ihnen und ihrer Identifizierung mit bestimmten Phänomenen gefeit sind", schrieb Platov (s. Oberg "UFO book based on questionable foundation").

Ronald Fisher vom International Forensic Research Institute an der Florida International University in Miami unterrichtet Mitarbeiter des National Transportation Safety Board in der Befragung von Augenzeugen bei "kritischen Ereignissen" wie Flugzeugabstürzen. Er betont, wie wichtig es ist, zunächst die unverfälschten Sinneseindrücke zu erfragen, bevor man den Zeugen nach seiner Interpretation dessen fragt, was er gesehen zu haben glaubt: "Sobald sie anfangen, sich auf ihre Interpretation zu konzentrieren, wird dies die Erinnerung an ihre Wahrnehmungen verfälschen", und weiter: "Piloten sind anfällig für Überinterpretationen, insbesondere bei vagen, schnellen und unklaren Erlebnissen", fuhr er fort. "Je unklarer die Situation ist, desto mehr tragen Ihr Allgemeinwissen und Ihre Erwartungen [dazu bei]." Der Zeitablauf ist ein Feind der Genauigkeit, denn er gibt den Zeugen die Möglichkeit, "ihr allgemeines Wissen zu nutzen, um die Erinnerung an das Erlebte zu konstruieren." Als Zeugen von Dingen, die beim Fliegen gesehen werden, sind Piloten ein besonderer Fall. "Die Kosten für ein Falschnegativ sind höher als die Kosten für ein Falschpositiv", erklärte er. "Es ist wahrscheinlich ein Sicherheitsmechanismus." (s. Oberg "UFO book based on questionable foundation").

Die UFO-Berichte sind voll von Fällen spektakulärer Fehlinterpretationen, an denen regelmäßig auch Piloten beteiligt sind. Daher ist auch bei der Bewertung der Aussagen von Piloten Vorsicht geboten. In der Argumentation für Pilotensichtungen werden auch spezifische Datenbanken und Fallkataloge als Belege für außergewöhhnliche Phänomene angeführt (s. dazu weiter unten).

Auch Piloten selber weisen auf diesen Umstand der eigenen Anfälligkeit für Fehlinterpretation und Täuschung hin und verweisen dabei auch auf eigene Erlebnisse (s. bspw. hier: It’s a bird, it’s a plane, it’s fooling a veteran Air Force pilot!). Ein besonders anschauliches Beispiel schildert ein Fluglehrer: "Das UFO hatte die Form eines hellen Lichts, das sich auf einem Kollisionskurs mit sehr hoher Geschwindigkeit näherte - ein schnelles Abbremsen und Schweben - eine schnelle Beschleunigung weg vom Flugzeug des Autors, gefolgt von einem weiteren Abbremsen und Schweben. Diese offensichtliche Aufklärungsaktivität wiederholte sich etwa zehn Mal, danach tauchte das Objekt nicht mehr auf.". Er belies aber nicht dabei sondern suchte und fand schließlich eine Erklärung, die er auch nachstellen und bestätigen konnte. Das Ganze hat er in einem Fachartikel verarbeitet (A scientist in the cockpit: The case history and analysis of a UFO sighting).

Aus wissenschaftlichen Kreisen möchten wir nachstehend zwei Kommentare zu diesem Thema vorstellen, von denen wir den ersten auszugsweise und den zweiten als Zitat hier wiedergeben möchten. Der erste stammt von Don Lincoln, Wissenschaftler am Fermilab, der zweite von Matthew Sharps, forensischer Psychologe an der Universität von Fresno. Ferner verweisen wir auf den Artikel zu diesem Thema von James Oberg auf NBC News.

Warum Piloten UFOs sehen

So der Titel ders Kommentars von Don Lincoln, leitender Wissenschaftler am Fermi National Accelerator Laboratory (Fermilab in Batavia, Illinois) und Autor mehrerer wissenschaftlicher Bücher. Er bezieht sich dabei auf die jüngste Berichterstattung zu UFO-Meldungen seitens Navy-Piloten und der in dem Zusammenhang bekannt gewordenen Videos, die allgemein Aufmerksamkeit erregten. Angesichts der dabei aufgeworfenen Frage, ob es "Aliens" seien, meint Lincoln, dass es weitaus plausibler wäre, anzunehmen, dass es für die Beobachtungen eher gewöhnliche Erklärungen gibt.

Lincoln ist sich angesichts der Professionalität der Piloten sicher, dass sie tatsächlich ein nicht identifiziertes fliegendes Objekt gesehen haben, was auch kritische Forscher keineswegs bestreiten. Zu recht weist er aber darauf hin, dass die Assoziation von "nicht identifiziert" hin zu Aliens in "fliegenden Untertassen", mangels konkreter, glaubwürdiger Beweise, ein zu großer unbegründeter Sprung ist. Es fehlen materielle Artefakte, klare, eindeutige Fotos, gefangene Außerirdische oder entsprechende Leichen. Tatsächlich bedeutet "nicht identifiziert" eben genau das. Im Wesentlichen haben wir es mit Augenzeugenberichten und fragwürdigen Fotos bzw. Videos zu tun. Lincoln weist dabei völlig richtig auf die prinzipielle Unzuverlässigkeit von Augenzeugenberichten hin und merkt an, dass ein Großteil an gerichtlichen Fehlurteilen auf fehlerhaften Augenzeugenberichten beruht, die im Nachhinein durch objektive DNA-Beweise korrigiert wurden. "Im Falle eines so außergewöhnlichen Ereignisses wie der Beobachtung eines außerirdischen Raumfahrzeugs reichen Beweise von Passanten einfach nicht aus." so Lincoln.

Die Piloten können ein reales Objekt gesehen haben, das sie nicht identifizieren und erklären konnten oder es gab instrumentelle Artefakte, die im Grunde genommen auch elektronische Fehlfunktionen gewesen sein können (kurz vor den Radarkontakten wurde ein neues Radarsystem in die Flugzeuge eingebaut). Zu dem Nimitz-Vorfall vor San Diego gab es zuvor Berichte über Höhenradarkontakte von Schiffen und kurz vor der bekannten Aufnahme der Infrarotkamera eines Kampfflugzeugs gab es Berichte über etwas im Wasser oder knapp unterhalb der Wasseroberfläche. Es gab also merere Beobachtungen mehrerer Phänomene, aber nicht mehrere Beobachtungen desselben Phänomens. Lincoln stellt dazu fest, dass es "... übereilt (wäre), diese unabhängigen Beobachtungen miteinander zu verknüpfen." Er spricht da einen klassischen, argumentativen Fehlschluss an, indem nämlich mehrere zeitlich oder örtlich korrelierende Ereignisse als Kausalkette interpetiert werden. Allerdings bedeutet Korrelation nicht zwangsläufig auch Kausalität. Jeder, der sich grundlegend mit Statistik befasst hat, kennt diesen Grundsatz.

Lincoln sieht hinsichtlich des Pentagon Programms Parallelen zum früheren Projekt Blue Book, und dass es bei beiden vorrangig um die Aufklärung und Identifizierung möglicher militärischer Bedrohungen anderer Staaten im eigenen Luftraum ging (Erkennen, was sich im eigenen Luftraum bewegt). "Die Enthüllung des Advanced Aerospace Threat Identification Program macht deutlich, dass es sich im Grunde um eine neue Inkarnation des Project Blue Book handelte. Berichte über Lichter am Himmel von nüchternen und gut gemeinten Militärpiloten mussten verstanden werden. Während die wahrscheinlichste Ursache eine fehlerhafte Instrumentierung, ein Pilotenfehler oder einfach falsch identifizierte häufige Phänomene sind, lohnt es sich offensichtlich, sie zu untersuchen. Immerhin könnten zumindest einige der Berichte interessant sein."

Aber auch wenn ein Besuch von Außerirdischen derzeit eher unwahrscheinlich ist, "sollten wir diese Möglichkeit weiter untersuchen, solange die geringste Wahrscheinlichkeit besteht, dass es Flugobjekte gibt, deren Fähigkeiten über die der Menschheit hinausgehen. Wenn diese Objekte real sind und sich tatsächlich so bewegen, wie die Piloten es meldeten, ist dies eine Sache, über die jedes Militär Bescheid wissen möchte, da es eine ihrer Hauptaufgaben ist, sich der glaubhaften Bedrohungen bewusst zu sein." so Lincoln weiter und befürwortet, dass die aktuellen Berichte deshalb auf jeden Fall untersucht werden sollen. Lincoln schließt damit, dass er aber auch "sehr überrascht (wäre), wenn sich herausstellen würde, dass die Berichte alles andere als gewöhnlich sind." Sofern man einen außerirdischen Ursprung für denkbar hält, sollte man auch das SETI-Programm zur Suche nach außerirdischen Zivilisationen anhand künstlicher Funksignale angemessen finanzieren. Lincoln bezweifelt auch die Notwendigkeit für eine fortgeschrittene außerirdische Zvilisation, sich mit Flugkörpern in unmittelbarer Nähe von Militäreinrichtungen oder Kraftwerksankagenzu bewegen, wie vielfach auch behauptet, und würde eher von fortgeschrittenen Methoden der Fernaufklärung aus dem Orbit ausgehen, die wir selber bereits einsetzen.

Den Kernaussagen des Kommentars, dass man von tatsächlichen Beobachtungen ausgehen könne, die auch untersucht werden sollten, man aber gleichzeitig Beobachtungen "nicht identifizierter" Objekte im Luftraum nicht mit Aliens und außerirdischen Raumschiffen gleichsetzen dürfen, können wir uns anschließen. Das Thema möglicher Radarartefakte bzw. Fehlfunktionen wurde bereits im Zusammenhang mit den Radarbeobachtungen thematisiert, ebenso wie Erklärungsmöglichkeiten bzgl. der verbreiteten Infrarotvideos.

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Prof. Matthew J. Sharps, forensischer Psychologe an der California State Universität in Fresno, mit dem wir einen sehr informativen Austausch pflegen, hat ein kleines Essay zu diesem Thema geschrieben, das wir hier mit seiner freundlichen Erlaubnis in Deutsch abdrucken.

Zur Frage der Pilotenkompetenz und der UFO-Beobachtung und -Identifizierung
Matthew J. Sharps
Professor für Psychologie, California State Universität, Fresno

Es wird oft behauptet, dass Piloten und anderes Flugpersonal mit ihrem Fachwissen über Luftfahrt und dessen Systeme am besten geeignet sind, UFO-Phänomene zu beobachten und zu beurteilen. Bei dieser Überlegung sind jedoch mehrere Vorbehalte angebracht.

Piloten und Flugzeugbesatzungen verfügen offensichtlich über Fachwissen in Bezug auf Flugzeuge, Verständnis von Flugzeugsystemen und -technik, Navigation, Flugzeugbetrieb und so weiter. Aber gilt dieses spezifische Fachwissen auch für andere Bereiche als die Luftfahrt an sich?

Diese Fragen wurden bereits von Platon aufgeworfen, natürlich nicht im Bereich der Luftfahrt, aber dennoch von Bedeutung. Im Protagoras weist Platon darauf hin, dass man beim Bau einer Mauer die Steinmetze konsultiert, während man beim Bau eines Schiffes die Schiffsbauer konsultiert. Bei beiden Tätigkeiten geht es um das Bauen, aber die entscheidenden Unterschiede ergeben sich daraus, was gebaut werden soll. Das entsprechende Fachwissen ist bereichsspezifisch und nicht universell für alle Bautätigkeiten.

Ähnliche Überlegungen ergeben sich bei der Betrachtung der Steuerung von Flugzeugen und UFOs. In beiden Fällen geht es um Dinge und Aktivitäten am Himmel, aber die entscheidenden Unterschiede ergeben sich daraus, was genau am Himmel beobachtet und interpretiert werden soll.

Piloten, und natürlich auch anderes Flugpersonal, haben eine formale Ausbildung in bestimmten Aspekten der Meteorologie und Astronomie, aber typischerweise mit Bezug auf das anzunehmende Spektrum der Ereignisse, denen sie normalerweise wahrscheinlich begegnen. Bei UFO-Beobachtungen, die auf atmosphärische oder astronomische Faktoren zurückzuführen sind, geht es jedoch in der Regel um anormale Umstände der Astronomie und Meteorologie (z.B. Sharps, 2014), nicht um die typischeren, in denen Flieger normalerweise geschult werden; und sofern die betreffenden Flieger nicht auch speziell in Meteorologie oder Astronomie geschult sind, was über die normale Ausbildung von Luftfahrtfachleuten hinausgeht, hätte ihre fliegerische Ausbildung nicht unbedingt einen Einfluss auf die relative Genauigkeit der Beobachtung oder Interpretation. Die Fähigkeit, verschiedene Arten von Gewitterfronten und Wolken zu erkennen, hat beispielsweise keinen Einfluss auf die Fähigkeit, mit dem Arkanum sehr atypischer Wetterfaktoren umzugehen, ebenso wenig wie Kenntnisse in Himmelsnavigation einen Piloten zu Kenntnissen über die Fehlwahrnehmung der Venus durch industriellen Dunst oder über die verschiedenen Arten von Sternen, auf denen die Navigation beruht, führen.

All dies mag dazu beitragen, dass J. Allen Hynek (1977), einer der Hauptbeteiligten am U.S. Air Force Project Blue Book, schon früh in der modernen UFO-Forschung feststellte, dass Piloten in der Regel schlechter in der Lage waren, UFOs richtig zu identifizieren, als Angehörige vieler anderer Berufsgruppen. Hynek fand heraus, dass selbst die besten Einzelzeugen im Durchschnitt zu einer Fehlwahrnehmungsrate von 65 % tendierten. Bei Flugzeugpiloten stieg diese Rate jedoch deutlich an. Der Prozentsatz der Fehlwahrnehmungen lag Berichten zufolge sowohl bei Militär- als auch bei Verkehrspiloten als Einzelzeugen in den hohen 1980er Jahren.

Das Luftfahrtpersonal hat möglicherweise auch eine ganz andere Denkweise als Wissenschaftler und diejenigen, die sich speziell für das UFO-Phänomen interessieren. Wie Wolfe (1979) in seinem informellen, aber zum Nachdenken anregenden Buch The Right Stuff feststellte, neigen Piloten dazu, sich vernünftigerweise sehr stark auf ihre Missionen und den Betrieb ihrer Flugzeuge im Dienste dieser Missionen zu konzentrieren. Dies lässt wenig Zeit für wissenschaftliche Spekulationen oder Verwunderung, und diese Fokussierung auf die Mission ist für den erfolgreichen Einsatz in der Luft unerlässlich. Dies wurde beispielsweise bei der Rückkehr der Apollo 11-Mondmission aus dem All deutlich, bei der die Astronauten eine Vielzahl seltsamer visueller Phänomene feststellten, diese aber im Wesentlichen ignorierten. Der Astronaut Buzz Aldrin hat in Interviews darauf hingewiesen, dass das Hauptaugenmerk der Astronauten auf der erfolgreichen Rückkehr zur Erde lag; Apollo 11 hatte seine Mission erfüllt, und der komplexe Betrieb des Raumschiffs ließ einfach keine Zeit für wissenschaftliche oder philosophische Überlegungen zu merkwürdigen Lichtpunkten im umgebenden Raum.

Trotz vieler gegenteiliger moderner Behauptungen, für die es derzeit keine stichhaltigen Beweise zu geben scheint, scheinen Hyneks Originaldaten und die hier erörterten psychologischen Überlegungen ein übermäßiges Vertrauen auf die Berichte des Luftfahrtpersonals bei der Untersuchung von UFO-Phänomenen auszuschließen. Fachwissen in der Luftfahrt ist natürlich bewundernswert und in der Tat unerlässlich, wenn Flugzeuge erfolgreich von einem Ort zum anderen gelangen sollen; aber so wie der Erbauer einer Mauer nicht derselbe ist wie der Erbauer eines Schiffes, lassen sich Ausbildung und Erfahrung in der Luftfahrt nicht unbedingt auf die wissenschaftliche oder philosophische Betrachtung von UFO-Phänomenen übertragen.


Referenzen
Hynek, J.A. (1977). The Hynek UFO Report. London: Sphere Books.
Plato, tr. W.R.M. Land. (1924). Protagoras. Cambridge, MA: Harvard University Press.
Sharps, M.J. (2014). UFOs and cognitive science: A case study. Skeptical Inquirer, 38(3), 52-55.
Wolfe, T. (1979). The Right Stuff. New York: Farrar, Straus, & Giroux.

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Spezielle Reportingsysteme und Fallkataloge für luftfahrtbezogene UFO-/UAP-Sichtungen

Im Zuge der vermeintlich höheren Zuverlässigkeit von Piloten ist es wenig überraschend, dass es auch spezielle Reportingsysteme gibt, in denen diese eigene Beobachtungen erfassen können, die dann in einer Datenbank gesammelt werden. Betreiber solche Datenbanken sehen die darüber gesammelten Berichte gerne als beste Beweise für einen anomalen, vorzugsweisen extraterrestrischen, Hintergrund des UFO-Phänomens. Leider ist oft unklar, inwieweit bei den gesammelten Berichten eine Untersuchung stattgefunden hat oder ob die Berichte lediglich gesammelt werden. Da teilweise auch anonym Berichte abgegeben werden, können hier die prinzipiell wichtigen Zeugenbefragungen, auch zur Klärung offener Fragen, nicht durchgeführt werden. Die Systeme bieten teilweise auch Auszüge aus den erfassten Berichten, so dass man sich auch eine eigene Meinung darüber bilden kann.

Die bekannteste Datenbank dürfte das vom amerikanischen UFO-Forscher Richard F. Haines gegründete "National Aviation Reporting Center on Anomalous Phenomena" (NARCAP) sein, von dem es auch einen deutschen Ableger gibt. NARCAP wendet sich an Piloten und Flugpersonal, die hier Beobachtungen und Vorfälle mit nicht identifizierten atmosphärischen Phänomenen (Unidentified Aerial Phenomena, UAP) erfassen können. Auf der Seite können diverse Berichte und Studien heruntergeladen werden. Nähere Angaben zu den erfassten Sichtungen finden sich jedoch nicht.

Ferner existieren Fallkataloge einzelner Gruppen oder Forscher mit unterschiedlichen Schwerpunkten, auch zu Vorfällen im Luftraum bzw. aufgrund von Pilotenberichten, wie der AirCat-Katalog des Italieners Marco Orlandi von der Gruppe CISU oder aus Spanien der Spanish Aircat von Vicente-Juan Ballester Olmos und Joan Plana. AKM bekanntesten dürfte der umfassende "Catalog of Military, Airliner, Private Pilots’ Sightings" von Dominique Weinstein sein, der hierzu regelmäßig zitiert wird. Mit Stand 2001 umfasst der Katalog über 1300 Fälle. Sein Problem, wie das vieler anderer Fallkataloge auch, ist die reine Sammlung von Sichtungsberichten, noch dazu aus ganz unterschiedlichen Quellen. Besagter Katalog enthält auch nur knappe Angaben, so dass sich daraus keine Schlussfolgerungen über Art und Hintergrund der Sichtungen ableiten lassen, ohne die Originalquellen einzusehen. Dass sich auch hier mehrfach herkömmliche Objekte und Phänomene verbergen, zeigen die Recherchen einzelner Fälle aus dem Katalog bspw. durch Tim Printy in seinem Magazin SUNlite, unter der Rubrik "Weeding out The Weinstein catalog". Die französische Seite RR0 ("R.R. Zéro") enthält eine Übersicht einschlägiger Fallkataloge. Diese sind aber nicht immer aktuell oder werden beständig gepflegt.

Neben diesen der UFO-Szene entstammenden Datenbanken gibt es auch ganz offizielle Datenbanken, die bspw. Luftraumzwischenfälle erfassen und auswerten. Solche Systeme existieren vorwiegend auf staatlicher Ebene und werden von zivilen und militärischen Experten betrieben. Ein Beispiel ist das britische UK Airprox Board (UKAB), das Nahbegegnungen von Flugzeugen mit anderen Objekten im Luftraum erfasst und hinsichtlich Sicherheitsrisiken (Kollisionsgefahren) untersucht und auswertet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf eher kleine unbemannte Luftfahrzeuge (small unmanned air systems, SUAS), die in solche Vorfälle verwickelt sind, wie Drohnen oder Ballons. Daneben findet sich auch eine Kategorie für "unknown objects", deren Herkunft nicht eindeutig bestimmbar ist ("unable to determine the nature of the object"). Auf der UKAB-Seite können umfangreiche Berichte und Zusammenstellungen abgerufen werden. Michael Hudson von der britischen UFO-Organisation BUFORA hat aus diesen Daten eine Exceltabelle erstellt, in der die Vofälle mit Unbekannten Objekten enthalten sind.

Die nachfolgende Grafik aus dem Jahresreport 2017 zeigt die Entwickkung der Vorfälle für die Jahre 2010 bis 2017.

Quellen:
It’s a bird, it’s a plane, it’s fooling a veteran Air Force pilot!
A scientist in the cockpit: The case history and analysis of a UFO sighting
UFO book based on questionable foundation
Why pilots are seeing UFOs
Keep looking for UFOs
Catalog of Military, Airliner, Private Pilots’ Sightings
Catalogues de cas (Liste von Fallkatalogen, französisch)
NARCAP
UK Airprox Board
Airprox Reports
UKAB Unknown Objects Reports (Excel)

Im Journal für UFO-Forschung, Nr. 5-2011, der GEP erschien ein Artikel von Jochen Ickinger über den Einsatz von so genannten "Lügendetektoren" bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung, den wir Ihnen mit freundlicher Genehmigung der GEP e.V. hier im Volltext anbieten können.

In der Anomalistik, speziell bei den so genannten »außergewöhnlichen menschlichen Erfahrungen«, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht, wird immer wieder auch das Thema der Glaubwürdigkeit bzw. Glaubhaftigkeit der Zeugen und deren Aussagen und dessen Überprüfung thematisiert. Insbesondere bei spektakulären Vorfällen, wie bspw. Kontakte zu bzw. Entführungen durch »Aliens«, steht neben psychosozialen und psychologischen Fragen auch die Glaubwürdigkeit der betroffenen Personen im Raum. Als mögliches Instrument zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit wird auch der meist als »Lügendetektor« betitelte Polygraph ins Spiel gebracht, der insbesondere im angelsächsischen Raum zum Einsatz kommt.

Zum Einsatz solcher Geräte hat sich der Autor bereits in früheren Aufsätzen geäußert, möchte an dieser Stelle aber das Thema zusammenfassend aufarbeiten. Danke dazu an Danny Ammon für die ergänzende Unterstützung und Beisteuerung von Fotomaterial.

Der Aufsatz kann untenstehend im Volltext gelesen oder hier direkt herunter geladen werden (PDF).

Bei der Beurteilung einer UFO-Sichtung wird bzgl. der Zeugen primär über die Glauibwürdigkeit argumentiert, wobei das Problem bei Untersuchungen von UFO-Sichtungsberichten ist, dass wir in der Regel den Zeugen nicht näher kennen und eine individuelle Prüfung der Glaubwürdigkeit bzw. Glaubhaftigkeit der Aussage auch mangels Ressourcen nur bedingt durchführen können. Vorrangig stellt sich jedoch die Frage nach der Zuverlässigkeit der Zeugenaussage und den berichteten Details einer Beobachtung. Manche UFO-Forscher bzw. Ufologen sind hier der Ansicht, dass der Beruf ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung sei und schätzen die Zuverlässigkeit eines Menschen als Zeugen auch nach seinem Status ein. Demnach wären bspw. Hochschulausbildung und eine entsprechende berufliche Stellung ein Plus an Zuverlässigkeit, so bspw. auch bei Piloten. Das zeigt sich insbesondere bei Forschen, die sich auf Fallkataloge bestimmter Berufsgruppen konzentrieren und diese hervorheben. Allerdings beruhen solche Annahmen weitgehend auf Vermutungen. Erkenntnisse aus der forensischen Zeugen- und Aussagepsychologie zeigen dagegen die prinzipielle Unzuverlässigkeit von Zeugenaussagen, unabhängig von Beruf oder Qualifikation. Eine Nebenrolle spielt das bei Sichtungsberichten mit ausreichenden Indizien für eine herkömmliche Erklärung, im gegensatz bei ungeklärten Sichtungen infolge der geschilderten Details. Der britische UFO-Forscher Isaac Koi hat auf seiner Webseite dem Thema "Glaubwürdige Zeugen" ein eigenes Kapitel gewidmet, auf das wir uns hier auszugsweise und sinngemäß beziehen.

Der Mythos des besonders zuverlässigen Zeugen beschreibt Personen, die sich aufgrund ihres Berufs oder ihrer Ausbildung wahrscheinlich nicht irren, egal was sie berichten. In der Regel werden hier Wissenschaftler, Polizisten, Piloten, Astronomen oder Militärangehörige genannt, und es wird davon ausgegangen, dass ihre Berichte zuverlässiger sind als die anderer Berufsgruppen. Aus einer allgemeinen Sicht erscheint dies sogar verständlich und vor Gericht dürfte bei einer Zeugenaussage die berufliche Qualifikation bzw. Reputation sicherlich mit in die richterliche Beurteilung einfließen. Wir gehen im Allgemeinen davon aus, dass hochbezahlte Fachkräfte weniger dazu neigen, Unwahrheiten zu sagen als andere. Wir erwarten auch, dass Angehörige bestimmter Berufe aufgrund ihrer Ausbildung (z. B. in Bezug auf die Beobachtung oder das Erstellen von Notizen bei Polizisten, Kenntnis von Himmelsobjekten bei Astronomen) oder aufgrund von Qualifikationen, die für den Eintritt in diesen Beruf erforderlich sind (z. B. besondere Sehkraft), bessere Zeugen seien.Tatsächlich gibt es aber in der ufologischen Literatur einen bemerkenswerten Mangel an Studien und Diskussionen darüber, warum bestimmte Berufe oder Qualifikationen eine Person wahrscheinlich zu einem besseren UFO-Zeugen machen. Der amerikanische UFO-Forscher Allan Hendry hat dazu kritisiert, dass keine direkten Experimente von Ufologen durchgeführt wurden. An dieser Stelle möchten wir auf ein tatsächlich durchgeführtes, interessantes allgemeines Wahrnehmungsexperiment unter Federführung der GEP im Jahr 1988 hinweisen. Ansonsten ist der Grad der Zuverlässigkeit auch immer situativ zu bewerten, in welcher Situation befand sich der Zeuge zum Zeitpunkt der Beobachtung, befand er sich unter Stress, war er allein oder mit anderen Zeugen zusammen, die sich ggf. auch gegenseitig beeinflussen können, wie lange ist die Beobachtung her, da sich Erinnerungen fortlaufend verändern und sich das Gedächtnis aufgrund von veränderten Erfahrungen, Kenntnissen und zusätzlichen Informationen immer wieder rekonfoguriert, oder hat der Zeuge spezifische Überzeugungen oder Erfahrungen, die zu einer bestimmten Interpretation des Gesehenen führen und seine Wahrnehmung beeinflussen.

Der amerikanische Astronom und UFO-Forscher J. Allen Hynek hat im Rahmen seiner Beteiligung am Projekt Blue Book eine Auswertung zu Berufsgruppen bei Fehlinterpretationen erstellt. Zu seiner eigenen Überraschung lieferten Piloten die häufigsten Fehlinterpretationen. Am besten schnitten hier Techniker bzw. Ingenieure ab. In einer weiteren, von Hendry erstellten, Auswertung lieferten Polizisten (bzw. Mitarbeiter von Strafverfolgungsbehörden) die meisten Fehlinterpretationen. Piloten schnitten hier am besten ab, allerdings mit einer noch relativ hohen Fehlerquote von 75%, was nach Hendry auch kein Aushängeschild sei. Hynek stellt dazu fest, dass man berufliche Qualifikationen und Fähigkeiten nicht auf ein anderes Gebiet übertragen könne. Das bedeutet aber nicht, dass bspw. Piloten schlechte Beobachter sind, aber Menschen aller Berufsguppen sind anfällig für Fehlwahrnehmung und -interpretation, wenn sie mit etwas konfrontiert werden, das sie nicht kennen und mit dem sie nicht vertraut sind.
Der britische Untersucher Gary Anthony verweist auf einen Artikel mit dem Titel "Visuell-räumliche Fähigkeiten von Piloten", das sich auf gemeinsame Experimente von Piloten der US-Luftwaffe und Kontrollpersonen bezieht und wonach Piloten überwiegend nicht besser abschnitten als Nicht-Piloten. ("Visual-Spatial Abilities Of Pilots" aus dem Journal of Applied Psychology, 1993, Vol 78, Nr. 5, (S. 763-773)). In einem Artikel von Dr. Robert Buckhout, Direktor des "Center for Responsive Psychology" am Brooklyn College der City University in New York, heißt es: "Untersuchungen, die ich mit Flugbesatzungen der Luftwaffe durchgeführt habe, bestätigen, dass auch hochqualifizierte Personen unter Stress zu schlechteren Beobachtern werden." (Robert Buckout, "Eyewitness Testimony", Scientific American, Dezember 1974, S. 23.). Ein prinzipielles Problem dürfte auch sein, relevante visuelle Merkmale von einem Flugzeug aus zu beurteilen, aufgrund der Verringerung der visuellen Referenzen in der Luft (z. B. auf andere Objekte in der Nähe, mit denen Vergleiche durchgeführt werden können). Fälle aus der Vergangenheit zeigen zudem, dass es seitens Piloten bereits zu Mißverständnissen und Fehlinterpretationen bei der Beobachtung herkömmlicher Erscheinungen kam, wie bspw. mit Venus, Meteore oder auch Polarlichtern.

Die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen auch die Schwierigkeit, die Zuverlässigkeit an Berufsgruppen festmachen zu wollen. Wenngleich die genannten Auswertungen auch der Kritik unterliegen und diskutiert werden, halten wir die Grundaussage daraus als gültig. Die nachfolgend dargestellten Auswertungen erschienen in Hyneks UFO Report und Hendrys UFO Handbook.

Abschließend möchte wir dazu Isaac Koi aus seinen Ausführungen zitieren:

"Die spärliche Erhebung und Berücksichtigung relevanter objektiver Daten erschwert es (...), eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen. Zusammenfassend scheint mir, dass die berufliche Tätigkeit der Zeugen von den meisten Ufologen als Kriterium für die Auswahl der besten UFO-Fälle erheblich überbewertet wird. Die Beweise belegen nicht überzeugend, dass beispielsweise Piloten oder Polizisten weniger IFOs melden als andere Zeugen. Wenn man jedoch überlegt, ob die Mitglieder bestimmter Berufe im Allgemeinen 'bessere' Beweise liefern als der durchschnittliche UFO-Zeuge, stellt sich die Frage: 'Besser' als was? Wenn es darum geht, Astronomen und andere Wissenschaftler davon zu überzeugen, die UFO-Sichtungen von Wissenschaftlern und Astronomen ernst zu nehmen, ist es möglicherweise wertvoller, ihnen Einzelheiten zu solchen UFO-Sichtungen zu präsentieren, als dies allein aufgrund ihres vermeintlichen Beweiswerts nahegelegt wird. Letztendlich sind Wissenschaftler nur Menschen und legen daher möglicherweise einen überhöhten Wert auf ihre Wahrnehmungsfähigkeiten und die ihrer Kollegen. Wenn Ufologen wollen (was viele erklären), dass Wissenschaftler sich mit Ufologie befassen, dann scheinen Zusammenstellungen von Sichtungen von Wissenschaftlern und Astronomen ein nützliches Werkzeug für ufologische Befürworter zu sein. Leider waren Zusammenstellungen solcher Sichtungen tendenziel weniger beliebt als Datenbanken mit Sichtungen von Piloten und Polizeibeamten."

Nicht zu verwechseln mit der Zuverlässigkeit ist die Glaubwürdigkeit, also die Frage eines bewussten Schwindels, die in den wenigsten Fällen eine Rolle spielt, abgesehen vielleicht bei vermeintlich sensationellen Fotos oder Videos, wo Fakes durch die digitalen Möglichkeiten zunehmen. Wenn die Zuverlässigkeit diskutiert oder kritisiert wird, dann nicht, weil man an der Glaubwürdigkeit des Zeugen an sich zweifelt.

Spezielle (Berufsgruppen-)Reportingsysteme für UFO-/UAP-Sichtungen

Im Zuge der vermeintlich höheren Zuverlässigkeit bestimmter Berufsgruppen ist es wenig überraschend, dass es auch spezielle Reportingsysteme gibt, in denen Angehörige dieser Berufsgruppen eigene Beobachtungen erfassen können, die dann in einer Datenbank gesammelt werden. Betreiber solche Datenbanken sehen die darüber gesammelten Berichte gerne als beste Beweise für einen anomalen, vorzugsweisen extraterrestrischen, Hintergrund des UFO-Phänomens. Leider ist oft unklar, inwieweit bei den gesammelten Berichten eine Untersuchung stattgefunden hat oder ob die Berichte lediglich gesammelt werden. Da teilweise auch anonym Berichte abgegeben werden, können hier die prinzipiell wichtigen Zeugenbefragungen, auch zur Klärung offener Fragen, nicht durchgeführt werden. Die Systeme bieten teilweise auch Auszüge aus den erfassten Berichten, so dass man sich auch eine eigene Meinung darüber bilden kann.

Die bekannteste Datenbank dürfte das vom amerikanischen UFO-Forscher Richard F. Haines gegründete "National Aviation Reporting Center on Anomalous Phenomena" (NARCAP) sein, von dem es auch einen deutschen Ableger gibt, der derzeit allerdings nicht online ist. NARCAP wendet sich an Piloten und Flugpersonal, die hier Beobachtungen und Vorfälle mit nicht identifizierten atmosphärischen Phänomenen (Unidentified Aerial Phenomena, UAP) erfassen können. Auf der Seite können diverse Berichte und Studien heruntergeladen werden. Nähere Angaben zu den erfassten Sichtungen finden sich jedoch nicht.

Eine weitere bekannte Datenbank ist die britische "The PRUFOS Police Database" (Police Reporting UFO Sightings), des britischen Ufologen Gary Heseltine, der explizit die angeblich besondere Beweiskraft von Berichten bestimmter Berufsgruppen hevorhebt: "The best evidence for UFOs as extraterrestrial in origin is based on the high calibre witness categories" und u.a. auf Polizisten, Piloten, Radarbeobachter, Militärangehörige und Wissenschaftler verweist. Auf der Seite finden sich Beschreibungen von Sichtungen von Polizisten, die größtenteils als Sammlung von Berichten aus der Presse, Literatur und den freigegebenen MOD-Akten angelegt sind. Eine direkte Erfassung über die Webseite ist nicht möglich und inwieweit in den genanten Fällen auch Untersuchungen stattgefunden haben, ist unklar. Als reine Berichtssammlung haben solche Datenbanken aus wissenschaftlicher Sicht wenig Aussagekraft.

Ferner existieren Fallkataloge einzelner Gruppen oder Forscher mit unterschiedlichen Schwerpunkten, auch zu Vorfällen im Luftraum bzw. aufgrund von Pilotenberichten, wie der AirCat-Katalog des Italieners Marco Orlandi von der Gruppe CISU oder der Aircraft/UFO Encounters File von Dominique Weinstein. Die französische Seite RR0 ("R.R. Zéro") enthält eine Übersicht einschlägiger Fallkataloge. Diese sind aber nicht immer aktuell oder werden beständig gepflegt.

Quellen:
Qualitative criteria: Credible witnesses
The ability of eyewitnesses
Wahrnehmungspsychologische Aspekte bei UFO-Sichtungen (GEP, PDF)
NARCAP
PRUFOS
Aircraft/UFO Encounters File
Catalogues de cas (Liste von Fallkatalogen, französisch)

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